Wort des Bischofs

Europa - selbst wenn der Haussegen schief hängt!

Brexit! Die Briten verlassen die Europäische Union. Kardinal Woelki meint: "Lasst uns jetzt erst recht ein Haus Europa aufbauen, in dem sich nicht alles nur um die Wirtschaft dreht."

 (DR)

Der blaue Himmel über Europa hat sich in diesen Tagen tief verdunkelt. Brexit – das europäische Schreckgespenst ist auf einmal ganz real. Die Briten haben gewählt. Mehrheitlich haben Sie sich für den Austritt aus der Europäischen Union entschieden. Das ist ihr gutes Recht. Unsere Demokratie geht nicht ohne die Akzeptanz der Mehrheitsmeinung. Die gilt es zu akzeptieren ohne Wenn und Aber, selbst wenn die Entscheidung knapp war.

Wir müssen spätestens jetzt alle dafür sorgen, dass diese Brexit-Tage nicht als dunkles Kapitel in unsere europäische Geschichte eingehen. Gerade als katholische Kirche wissen wir nach der Abspaltung der Anglikanischen Kirche vor fast 500 Jahren, wie schmerzlich es ist, wenn Brüder und Schwestern getrennte Wege gehen. Das gilt nicht nur in Glaubensfragen. In unserer globalen Welt kann es nicht richtig sein, wenn wir uns auf unsere Inseln zurückziehen und Grenzen dicht machen. Wie wollen wir denn die ethischen, sozialen, wirtschaftspolitischen Herausforderungen weltweit in den Griff bekommen? Auch Terror und Umweltbedrohungen lassen sich doch heute nicht mehr im nationalen Alleingang lösen!

Lasst uns diese düsteren europäischen Tage als Herausforderung und Chance betrachten. Lasst uns jetzt erst recht ein Europa aufbauen, in dem sich nicht alles nur um die Wirtschaft dreht. Lasst uns gemeinsam ein Haus aufbauen, in dem Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit zu Hause sind. In dem Kunst, Musik und Wissenschaft Raum haben. Ein Europa-Haus, das weit in die Welt hinein strahlt. Selbst wenn der Haussegen mal schief hängt: Wenn wir in unserem europäischen Haus unsere gemeinsamen christlichen Werte als wichtige leuchtende, tragfähige Bausteine einbauen, dann ist mir um die Zukunft Europas nicht bange. Schon für Thomas More, den großen englischem Märtyrer, galt: "Vertrauen wir fest auf Gott, dann können wir sicher sein, dass wir nicht enttäuscht werden!"

Ihr Rainer Woelki

Erzbischof von Köln