Wort des Bischofs

Den lieben Gott einen guten Mann sein lassen

Ein Kardinal hat einen vollen Terminkalender, da bleibt kaum Zeit für Müßiggang. Aber manchmal müsse es einfach sein, meint Erzbischof Woelki in seinem Bischofswort. Dann müsse man einfach auch mal den lieben Gott einen guten Mann sein lassen können.

 (DR)

Vor einigen Tagen fielen die ersten warmen Frühlingsstrahlen der Sonne in meinen Garten. Eigentlich stapelte sich jede Menge Arbeit auf meinem Schreibtisch. Aber da mich die Sonne so anlachte, habe ich mir eine kleine Pause gegönnt. Einfach mal all die Arbeit liegen gelassen und die ersten warmen Strahlen der Sonne genossen. Ja, auch ein Bischof kann in solchen Momenten den lieben Gott einen guten Mann sein lassen und im Licht der Sonne all den Sorgenkram des Alltags vergessen. Es waren wunderbare Minuten hier draußen in der Sonne. Die Vögel zwitscherten, und ich spürte auf meiner Haut die Wärme der Sonne.

Was muss das wohl früher für ein tolles Gefühl gewesen sein, wenn nach einem langen Winter die Sonne endlich wieder höher am Himmel stand. Wenn ich mich heute im Zeitalter von Zentralheizung und warmer Dusche so über die erste Frühlingssonne freue, um wie viel mehr müssen die Menschen damals die wärmende Sonne genossen haben? Wenn ich daran denke, verstehe ich auch, warum wir Menschen immer schon die Sonne als Symbol des Lebens – als Zeichen der Kraft – ja, als ein Geschenk Gottes gesehen haben. Denn so, wie die Sonne Licht und Wärme schenkt, so ist auch Jesus Christus für uns Menschen das Licht der Welt. Er macht nicht nur unser Leben hell und klar, er wärmt unser Herz – er schenkt uns immer wieder neu das Leben.

Lassen Sie den lieben Gott doch bei nächster Gelegenheit auch einfach mal einen guten Mann sein und gönnen sich ein paar Sonnenstrahlen. Ich wünsche Ihnen, dass Sie dann die Kraft der Liebe Gottes wieder ganz neu für sich entdecken. 

Ihr 
Rainer Woelki 
Erzbischof von Köln