Wort des Bischofs

Wie ein Baum, dessen Laub nicht welkt…

Die kalte Jahreszeit ist gekommen, Straßen, Friedhöfe und Parks sind voller Laub, das viele Menschen traurig stimmt und an die eigene Vergänglichkeit denken lässt. Dem hält Kardinal Woelki eine wunderbar tröstende Botschaft entgegen.

 (DR)

Mir ist aufgefallen, dass es oft alte Menschen sind, die mit dem Laub im Herbst nicht so viel anfangen können. Nicht nur an Allerheiligen müssen für sie die Gräber schwarz sein. Kein noch so kleines Laubblättchen darf die Grabästhetik stören. Während Kinder die bunte Blattpracht begeistert sammeln und Laubbilder kleben, oder gar nach Herzenslust im Laubhaufen rumspringen, ist für viele alte Menschen Laub einfach nur Dreck, der möglichst schnell weg muss. Es soll sogar einige ganz tolle Zeitgenossen geben, die das Laub von den Bäumen rütteln, um es möglichst schnell in der Biotonne zu entsorgen.

Keine Sorge: Ich mache jetzt hier nicht den Gärtner und erzähle Ihnen, wir hilfreich das Laub als Schutz für Kleintiere und als Humus für unsere Gartenböden ist. Aber wenn gerade für viele alte Menschen das Laub ein Greuel ist, dann hängt das vielleicht damit zusammen, dass uns das Laub an unsere eigene Vergänglichkeit erinnert. An das unausweichliche Ende, welches alles Leben hier auf Erden früher oder später dahinrafft.

Aber für einen Christen gibt es dieses Ende nicht. Am Ende des irdischen Lebens wartet für einen Menschen nicht der Tod – sondern Gott – und das ewige Leben bei ihm und mit ihm und in ihm. Eine wunderbar tröstende Botschaft für alle Menschen. Von Generation zu Generation überliefert, verkündet und bezeugt – tausende von Jahren alt – und doch so lebendig wie am ersten Tag.

Gerade die biblischen Psalmen, ob als Gebet oder Gesang, sind ein wunderbarer Ausdruck unserer urchristlichen Hoffnung. Schon im ersten Psalm heißt es:

"Wohl dem Mann, der nicht dem Rat der Frevler folgt, nicht auf dem Weg der Sünder geht, nicht im Kreis der Spötter sitzt, sondern Freude hat an der Weisung des Herrn, über seine Weisung nachsinnt bei Tag und bei Nacht. Er ist wie ein Baum, der an Wasserbächen gepflanzt ist, der zur rechten Zeit seine Frucht bringt und dessen Blätter nicht welken. Alles, was er tut, wird ihm gut gelingen."

In dieser Hoffnung grüßt Sie heute, am Ende unseres Kirchenjahres, zum Christkönigsfest,

Ihr

Rainer Woelki
Erzbischof von Köln