BWV 156

Bachkantate am 01. März 2009

Die Advents- und die Fastenzeit waren die Zeiten, in den Bach etwas weniger als sonst zu tun hatte. Denn ansonsten musste er ja für jeden Sonn- und Feiertag eine eigene Kantate komponieren und diese dann auch gleich zweimal aufführen. Vormittags in der einen, nachmittags in der anderen Leipziger Stadtkirche. Ausnahme: Die Advents- und Fastenzeit. Der Grund: Diese Zeiten galten als "tempora clausa", also als geschlossene oder stille Zeiten. Zwischen dem heutigen Fastensonntag Invocavit und dem Karsamstag wurde in den Gottesdiensten keine Musik aufgeführt.

 (DR)

Aber: Wir müssen am heutigen Sonntag nicht auf eine Bach-Kantate verzichten, denn der Thomaskantor hat zahlreiche Kantaten komponiert, die sehr in diese Fastenzeit passen. So zum Beispiel die Kantate BWV 156: „Ich steh mit einem Fuß im Grabe".  Uraufführung war am 23. Januar 1729. Der Inhalt: Der biblische Bericht der Krankenheilung und das Vertrauen des Aussätzigen, der zu Jesus sagt: „Herr, so du willst, kannst du mich wohl reinigen". Der Dichter nimmt diesen Bericht als ein Hinweis auf die Hinfälligkeit des Menschen, der seinem Ende entgegengeht und daher seine Zukunft dem Willen Gottes anvertraut.

Bach stellt seiner Kantate als Einleitung ein langsames Orchesterstück mit konzertierender Oboe und dezent begleitenden Streichern voran. Allerdings handelt es sich hierbei um keine Neukomposition, Bach hat dieses Stück vielmehr einem bereits vorhandenen Instrumentalkonzert entnommen:

Der 2. Satz ist eine Arie mit Choral. „Ich steh mit einem Fuß im Grabe", so heißt es gleich zu Beginn. Ein langer Halteton macht dieses Stehen musikalisch hörbar, das Absinken der Gegenstimmen offenbart zugleich das Trügerische dieses Stehens.

Der Arienpart des Tenors wird in diesem Satz kombiniert mit der vom Sopran vorgetragenen 1. Strophe des Liedes „Machs mit mir, Gott, nach deiner Güt", das Johann Hermann Schein 1628 komponiert hat. Satz 3 ist ein Rezitativ mit kurzem ariosen Ausklang auf die Worte „je länger hier, je später dort".

Die zweite Arie dieser Kantate, der vierte Satz, ist ganz bestimmt von dem anfänglichen Motiv auf den Text: „Herr, was du willst". Dieses Motiv taucht immer wieder auf und gibt diesem Satz seinen Charakter. Ingesamt hat die Arie einen freudig-bewegten Grundton, der nur im Mittelteil vorübergehend getrübt und zugleich in der Bewegung verlangsamt auf die Worte „im Sterben":

Das zweite Rezitativ ist wie das erste sehr schlicht gehalten und selbst die Anspielung auf Psalm 73, mit der der Satz schließt, wird in der Komposition nicht besonders hervorgehoben. Der sechste Satz ist wie üblich als einfacher Choralsatz gestaltet und beendet Bachs Komposition.


Kantate „Ich steh mit einem Fuß im Grabe", BWV 156.
Tölzer Knabenchor, Concentus musicus Wien, Leitung: Nikolaus Harnoncourt.