24. Sonntag nach Trinitatis - BWV 60

Bachkantate am 02. November 2008

Die Kantate für den heutigen Sonntag "O Ewigkeit, du Donnerwort" ist in Bachs erstem Jahr in Leipzig entstanden: Bach hat sie für den 7. November 1723 komponiert. Der Textdichter knüpft an das Evangelium des Sonntags an, in dem von der Auferweckung der Tochter des Jairus berichtet wird. Und: Der Dichter nimmt diesen Bericht zum Anlass, über die eigene Auferstehung nachzudenken. Die Auferweckung der Jairus-Tochter also als Symbol der erhofften eigenen Auferstehung, der der Mensch im Angesicht des Todes mit Zweifel und Hoffnung entgegensieht. Dieses Schwanken zwischen Verzagtheit und Zuversicht bildet das Thema der Kantate, die in der Form eines Dialogs zwischen Furcht und Hoffnung abgefasst ist.

 (DR)

Den Rahmen der Kantate bilden zwei Kirchenliedstrophen. So beginnt die Kantate mit der ersten Strophe des Liedes "O Ewigkeit, Du Donnerwort", die Johann Rist 1642 geschrieben hat.

Das folgende Rezitativ beginnt ganz einfach, geht dann jedoch an zwei Stellen ins Arienhafte über, nämlich auf das Textwort "martert" und am Schluss auf "ertragen": Das erste ariose Teilstück ist damit der "Furcht", das zweite der "Hoffnung" zugewiesen.

Der jetzt folgende dritte Satz, das Duett, nimmt durch den Dialogcharakter der Kantate dramatische Züge an. Die "Furcht" beginnt, ihre Bedenken vorzutragen,  die "Hoffnung" antwortet. Danach duettieren beide, bis die "Hoffnung" das letzte Wort behält.

Ähnlich gestaltet ist der vierte Satz, das Rezitativ. Dreimal wird die "Furcht" durch ein Bass-Arioso unterbrochen: "Selig sind die Toten": Dreimal ist diese Aussage zu hören. Und diese Wiederholung hat nur einen Zweck: Nämlich das Gehörte zu intensivieren. Faszinierend an diesen Ariosi ist dabei die ausdrucksvolle und einprägsame Melodik.

Am Ende der Kantate wieder eine Kirchenliedstrophe: Nämlich die 5. Strophe des Liedes "Es ist genug, so nimm, Herr, meinen Geist", des Barockdichters  Franz Joachim Burmeister.

Bis auf den Schlusschoral ist das gesamte Werk als Dialog vertont. Solistische Gesangssätze fehlen ganz. Mit dem vierten Satz tritt ein Wechsel des Dialogpartners ein: Waren in den drei Anfangssätzen der Alt als "Furcht" und der Tenor als "Hoffnung" vertreten, so tritt aber dem 4. Satz zu dem Alt , also der "Furcht", eine Bassstimme hinzu. Und der Bass war ja bei Bach sozusagen die "Stimme Christi". Nicht die Hoffnung, die ja dem Menschen entspringt, sondern Gott selbst verkündet die Seligkeit der Toten.

BWV 60: "O Seligkeit, du Donnerwort".  Tölzer Knabenchor, Concentus musicus Wien, Leitung: Nikolaus Harnoncourt.

Quelle/ Literatur: Alfred Dürr: Die Kantaten Johann Sebastian Bachs. Bärenreiter, 1995