Die Mondscheinsonate ist eine Sonata quasi una Fantasia

Flotter Himmelskörper

Der Beiname der Sonate stammt nicht von Beethoven und ist eine spätere romantische Zuschreibung, die dem Adagio-Charakter des Satzes nicht entspricht.

Mond und Kirche / © Karl-Josef Hildenbrand (dpa)
Mond und Kirche / © Karl-Josef Hildenbrand ( dpa )

Beethoven selbst gab seinem Werk den Beinamen „Sonata quasi una Fantasia“. Der Begriff der Fantasie bezieht sich auf die ungewöhnliche Satzfolge der Sonate und die Schwerpunktverschiebung auf den letzten Satz. Damit lassen sich die für die herkömmliche Sonatenform untypischen Tempi der jeweiligen Sätze erklären.

Dem Werk fehlt der erste (schnelle) Satz in Sonatenhauptsatzform, den Sonaten dieser Zeit üblicherweise enthalten. So beginnt das Werk mit einem Adagio, das Allegretto-Scherzo steht in der Mitte, worauf sich ein schnelles Finale anschließt. Die Bezeichnung Mondscheinsonate bezieht sich auf den ersten Satz – doch dieser Beiname wird dem Werk nicht gerecht.

Dazu passt, dass der Beiname gar nicht von Beethoven selbst stammt, sondern eine romantische Beifügung ist. Auch wenn man fast den Mond aufziehen sieht im ersten Satz, lässt der dritte schnelle Satz irgendwelche Mondassoziationen beim besten Willen nicht zu. Es gibt auch Diskussionen um das Tempo des ersten Satzes. Der wurde traditionell sehr langsam gespielt, was dem Eindruck einer Mondnacht eher entsprach.

Es gibt aber auch gut begründete Einspielungen, die den ersten Satz etwas schneller interpretieren und dem ganzen Werk dadurch einen anderen Charakter geben, weil der Satz eben ein Adagio und kein Largo ist. Außerdem gibt es eine Angabe von Beethoven, die heutige Interpreten so verstehen, dass das Pedal die ganze Zeit getreten werden soll. Dadurch verschwimmt der Klang etwas und die letzten Mondassoziationen verschwinden fast von selbst. Man hört bei diesen Einspielungen die Sonate ganz neu und erkennt Linien und musikalische Zusammenhänge, die beim langsamen Tempo nicht oder viel schwerer zu hören sind. Eine solche Aufnahme gibt es nun mit  Andras Schiff am Klavier. Zum Vergleich: bei ihm dauert der erste Satz im Schnitt anderthalb Minuten kürzer als bei traditionellen Einspielungen. Auf mich wirkt diese Aufnahme keinesfalls gehetzt, sondern in sich stimmig und sehr farbig.

Weiteres Programm:

Joseph Haydn: Missa Cellensis in C-Dur

Georg Philipp Telemann: Vertonung "Du aber Daniel, geh hin!"