Morgenimpuls von Schwester Katharina

Ein "Leben im Leben"

Mit Couchsurfing durch Japan reisen – das hat der Neffe von Schwester Katharina gemacht. So hatte er Einblick in die verschiedensten Wohnungen der Japaner und dabei etwas Interessantes festgestellt.

Couchsurfing / © Jellis Vaes (shutterstock)

Im Urlaub zu Hause in Thüringen habe ich mal meinen Neffen wieder getroffen. Er hatte nach seinem Master in Volkswirtschaft noch viel Zeit bis zum Beginn bei seinem neuen Unternehmen. Und so ist er mit seiner Freundin, die aus Tokio stammt, nach Japan gereist. In Japan selbst ist er dann per Couchsurfing durchs Land gereist. Beim Couchsurfing schaut man in einer entsprechenden Community im Internet nach, in welche Stadt man reisen will und ob da jemand anbietet, seine Couch im Wohnzimmer für eine Übernachtung zur Verfügung zu stellen. Das Ganze muss ziemlich gut funktioniert haben und er ist weit herumgekommen.

Er hat mir erzählt, dass die meisten Gastgeber Menschen waren, die sehr viel und sehr lange arbeiten und deren Gäste oft die einzigen Kontaktmöglichkeiten zur Welt da draußen bieten. Von Gesprächen mit ihnen bis in die Nacht hat er erzählt, von der Einsamkeit vieler Menschen in diesem dicht besiedelten Land und davon, dass die Leute richtig viel Geld verdienen, materiell alles haben, aber keine Zeit für das, was seines Erachtens nach zum normalen Alltag gehört. Kunst und Kultur, Konzerte, Kino, Sport, Muße und Hobbys. "Weißt du", hat er mir gesagt, "die meisten Leute dort, die ich kennengelernt habe, die haben alles, was man sich vorstellen kann. Aber, weißt du, sie haben kein Leben".

Diese Erkenntnis aus dem Mund eines jungen Mannes hat mich sehr beeindruckt. Ich denke ihm und seiner Freundin wird das wohl auf Zukunft nicht passieren. Die beiden werden schauen, dass sie außer einer guten Arbeit und gutem Verdienst auch ein "Leben im Leben" haben werden.


Quelle:
DR