Morgenimpuls von Schwester Katharina

"Maßvoll lebe der Leib"

"Wer immer satt ist, der hat es auch bald satt. Wer immer Wein trinkt, der schätzt das Wasser nicht mehr. Wer nicht verzichten kann, für den haben alle Dinge, die man bekommen kann, eine Sogwirkung – man will immer mehr." Schwester Katharina ruft zum Verzicht auf.

Verzicht hilft Müll zu vermeiden / © Larina Marina (shutterstock)
Verzicht hilft Müll zu vermeiden / © Larina Marina ( shutterstock )

Die zweite Strophe aus dem Hymnus in der Fastenzeit heißt:

Maßvoll lebe der Leib,
wachsam und lauter sei der Geist,
dass der Weg dieser Zeit
Durchgang zur Auferstehung sei.
Die Erde zu heilen, schuf Gott diese Tage.

"Maßvoll lebe der Leib" – was ist das richtige Maß für mich? Über Franz von Assisi und seine ersten Brüder gibt es eine Begebenheit, dass einer der Brüder nachts vor Hunger geschrien hat und befürchtet hat, dass er sterben würde. Franziskus steht auf, lässt alles holen, was noch irgendwie Essbares zu finden ist. Und alle zusammen essen mit dem Bruder, damit er sich nicht schämen muss, weil er hungrig ist.

Wir wissen schon, dass jede und jeder andere Bedürfnisse hat. Aber es gilt trotzdem: Wer immer satt ist, der hat es auch bald satt. Wer immer Wein trinkt, der schätzt das Wasser nicht mehr. Wer nicht verzichten kann, für den haben alle Dinge, die man bekommen kann, eine Sogwirkung – man will immer mehr. Wenn meine Ansprüche an Kuchen immer Torten sind, fällt alles andere als Torte immer als Enttäuschung aus. Daher verstehe ich diesen Aufruf aus dem Hymnus: "Wachsam und lauter sei der Geist." Manchmal denkt man ja: Okay, jetzt hab ich's verstanden. Aber dann kommt mir wieder irgendwas total quer – und kommt statt des Festweines nur das Kranenwasser, und schon bin ich im alten Muster und habe Ansprüche.

Und dann beten wir in dem Hymnus: "Die Erde zur heilen, schuf Gott diese Tage". Wenn denn nicht wir Heutigen, die wir die verstörenden Bilder der plastikverseuchten Weltmeere frei Haus geliefert bekommen, wenn nicht wir, wer soll denn dann damit beginnen, sich zu bescheiden, ein neues, kleineres Maß für sich selbst zu verwenden, verzichten zu lernen und konkret damit anzufangen? Damit "der Weg dieser Zeit Durchgang zur Auferstehung sei". Für uns selbst, aber auch für die göttliche Schöpfung unserer Mutter Erde.


Quelle:
DR