Morgenimpuls mit Schwester Katharina

Ein Klopfen an der inneren Tür

Schwester Katharina erzählt heute von einer Mitschwester, die in bewegten Zeiten aufgewachsen ist und gelebt hat. Und ihr ganzes Leben wäre wohl anders verlaufen, wenn nicht jemand ihr an einem entscheidenden Punkt eine entscheidende Frage gestellt hätte.

Ein Klopfen an der inneren Tür / © Thoom (shutterstock)
Ein Klopfen an der inneren Tür / © Thoom ( shutterstock )

In unserer Ordensgemeinschaft ist es üblich, dass wir uns auch über Länder und Kontinente hinweg gegenseitig über besondere Ereignisse informieren. Vor ein paar Tagen hat uns dann ein Totenbrief erreicht, der von einer Schwester erzählte, die mit acht Geschwistern aufgewachsen ist. Das war im Amerika der damaligen Zeit nicht so ungewöhnlich, aber es gibt ein paar Dinge in ihrem Lebenslauf, die doch sehr ungewöhnlich sind. Sie ist 1917 geboren, also während des Ersten Weltkrieges. Irgendwann, als sie ein junges Mädchen war, hat ihre Mutter sie gefragt, ob sie nicht Ordensfrau werden wolle. Sie schreibt dazu selber: “Das war ein so plötzliches Klopfen an meiner inneren Tür, ich war noch nicht bereit, darauf zu antworten, aber ich dachte immer wieder in meinem Herzen darüber nach.”  

Mit gerade mal 17 Jahren hatte sie dann die Antwort für sich und ihr Leben gefunden und ist 1934 in unsere Gemeinschaft eingetreten. Das war die Zeit der großen Wirtschaftskrisen und in Europa beginnt der Nationalsozialismus, sein Unwesen zu treiben.

In ihrem Lebenslauf heißt es anders, da steht: “Sie diente in vielfachen Diensten den Mitschwestern und den Armen in Logansport, Lafayette, Dunnington, Indianapolis, in Nebraska, Kansas, New Mexico und Colorado.”

1941, also mitten im Zweiten Weltkrieg, legt sie die ewigen Gelübde ab. Dann kommt die Kuba-Krise, die Mondlandung, die Kennedy-Morde und und und. Ein unglaublich bewegtes Jahrhundert. Und sie mittendrin.

Die Schwestern schreiben, dass sie immer hingezogen war zum Dienst an den Armen. Sie hatte ein weites, franziskanisches Herz, ein gültiges, liebenswürdiges und frohes Gemüt und einen wunderbaren Sinn für Humor. 2017 hat sie ihren hundertsten Geburtstag gefeiert. Und 2019 hat sie mit ihren Mitschwestern ihr 85-jähriges Ordensjubelium begangen. Ein unglaubliches Leben in einer unglaublichen Zeit, ausgelöst mit einer einzigen Frage ihrer Mutter: "Willst du vielleicht Ordensfrau werden?"

Die Mutter hat gespürt, dass ihre Tochter zu einem solchen Leben geeignet wäre und hat sich getraut, diese Frage zu stellen.


Sr. Katharina Hartleib OSF vor dem Kölner Dom / © Mathias Peter (DR)
Sr. Katharina Hartleib OSF vor dem Kölner Dom / © Mathias Peter ( DR )
Quelle:
DR