"Geschichten aus dem Wiener Wald" von Horváth im Schauspiel Köln

Gruselkabinett der Engstirnigen

In Stefan Bachmanns Inszenierung von "Geschichten aus dem Wiener Wald" werden aus spießigen Bürgern Horrorgestalten im Biedermannlook, die mit der Selbstgerechtigkeit von Henkern das Leben der naiven aufmüpfigen Marianne zur Hölle machen.

 (DR)

Wie in einem Tanztheater kriechen menschliche Horrorgestalten auf einer mit hellem Parkett ausgekleideten Drehscheibe dem Publikum entgegen, angeführt vom Tod. Unter ihnen im biederen brauen Cordröckchen ist Marianne, die fleißige Tochter von dem herrischen Leopold Zauberkönig, Inhaber einer Puppenklinik. Weil sie aus der Tyrarnnei ihres Vaters ausbrechen will, reißt sie mit dem windigen Glücksspieler Alfred aus. Doch das kleinkriminelle Muttersöhnchen will weder sie noch ihr gemeinsames Kind. Als sie nur noch nackt als "Allegorie der Liebe" sich prostituieren muss, um zu überleben, gibt sie auf und sagt als leblose Puppe Ja zu dem scheinbar verständnisvollen Sadisten und Metzger Oscar, dem sie vom Vater versprochen war.

Stefan Bachmann inszeniert dieses deprimierende und erschreckend aktuelle Stück von Ödon von Horváth aus dem Jahre 1931 als Aufmarsch von Horrorgestalten im Gewand der Biedermänner. Ihre rot geschminkten Augen, die verzerrten Gesten und die unheimlichen Stimmlagen vermitteln in Verbindung mit banalen Wortfetzen den menschenverachtenden Schrecken des engstirnigen Spießertums, der alles Fremde und Individuelle vernichten will. Frauen sind für sie bedrohliche, unberechenbare Wesen, die domestiziert gehören. Auf einer sich drehenden Drehscheibe des Lebens jagen sich clipartig eine Szene nach der anderen - wie gruselige Traumbilder in der Nacht. Am Ende steht wieder alles auf Anfang. Der Horror geht weiter.