Kölner Stadtdechant appelliert an Christen zu Leben in Barmherzigkeit

"Schuld nimmt nur Gott"

Zu einem Leben in Barmherzigkeit hat am fünften Fastensonntag im Kölner Dom Prälat Johannes Bastgen aufgerufen. Dem Beispiel Jesus im Gleichnis der Ehebrecherin im Johannesevangelium folgend, sagte der Kölner Stadtdechant in seiner Predigt, gehe es nicht darum, den Sünder nur zu verurteilen. "Er verzeiht, er schenkt neuen Anfang."

 (DR)

Den Pharisäern im Evangelium sei es nicht um Moral gegangen, "sie wollten Jesus eine Falle stellen". Jesus aber habe anders gehandelt mit seinem Urteil: "Wer von Euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein." Damit habe er das Unrecht der Ehebrecherin nicht verharmlost. "Er sagt Schuld ist Schuld, schwere Sünde ist schwere Sünde. Er beschönigt nicht, aber er ist barmherzig. Er verurteilt nicht, sondern er verzeiht." Er habe das Brot der Versöhnung geschenkt, so der Prälat.

In keiner anderen Religion werde der Mensch so gewürdigt und in den Mittelpunkt gestellt. "Es geht Gott um den Menschen, seine Würde." Auch die des Sünders. Das heiße nicht, dass Jesus gesellschaftliche Rechtsprechung ablehne. Aber sein Verhalten gehe darüber hinaus.

"Das lässt Schuld eingestehen"
Das lasse hoffen - "auch uns", so Bastgen. "Das lässt Schuld eingestehen. Das hilft, dass wir nicht vertuschen, dass wir dazu stehen dürfen, weil wir wissen, dass Gott uns vergibt." Entschuldigen könne der Mensch sich aber selber nicht, "innere Schuld wegnehmen, das kann nur Gott".

"Gehe und sündige von nun an nicht mehr" - die frohe Botschaft des Evangeliums gelte "uns allen". Wer das begriffen habe, könne auch mit anderen barmherzig sein. "Das Evangelium warnt uns, mit dem Finger auf andere zu zeigen und zu verharmlosen."

Auch bei der diesjährigen Misereor-Aktion gehe es ums Leben lassen. Es gehe ganz konkret um Menschen, die Hunger und Durst haben, keine Arbeit haben, die nicht um sich selber sorgen können. "Dass wir nie Steine werfen", so Bastgen zum Abschluss seiner Predigt, "sondern Brot schenken".

Lesung aus dem Buch Jesaja 43,16-21
So spricht der Herr, der einen Weg durchs Meer bahnt, einen Pfad durch das gewaltige Wasser, der Wagen und Rosse ausziehen lässt, zusammen mit einem mächtigen Heer; doch sie liegen am Boden und stehen nicht mehr auf, sie sind erloschen und verglüht wie ein Docht. Der Herr spricht: Denkt nicht mehr an das, was früher war; auf das, was vergangen ist, sollt ihr nicht achten. Seht her, nun mache ich etwas Neues. Schon kommt es zum Vorschein, merkt ihr es nicht? Ja, ich lege einen Weg an durch die Steppe und Straßen durch die Wüste. Die wilden Tiere werden mich preisen, die Schakale und Strauße, denn ich lasse in der Steppe Wasser fließen und Ströme in der Wüste, um mein Volk, mein erwähltes, zu tränken. Das Volk, das ich mir erschaffen habe, wird meinen Ruhm verkünden.

Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Philipper 3, 8-14
Brüder! Ich sehe alles als Verlust an, weil die Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn, alles übertrifft. Seinetwegen habe ich alles aufgegeben und halte es für Unrat, um Christus zu gewinnen und in ihm zu sein. Nicht meine eigene Gerechtigkeit suche ich, die aus dem Gesetz hervorgeht, sondern jene, die durch den Glauben an Christus kommt, die Gerechtigkeit, die Gott aufgrund des Glaubens schenkt. Christus will ich erkennen und die Macht seiner Auferstehung und die Gemeinschaft mit seinen Leiden; sein Tod soll mich prägen. So hoffe ich, auch zur Auferstehung von den Toten zu gelangen. Nicht dass ich es schon erreicht hätte oder dass ich schon vollendet wäre. Aber ich strebe danach, es zu ergreifen, weil auch ich von Christus Jesus ergriffen worden bin. Brüder, ich bilde mir nicht ein, dass ich es schon ergriffen hätte. Eines aber tue ich: Ich vergesse, was hinter mir liegt, und strecke mich nach dem aus, was vor mir ist. Das Ziel vor Augen, jage ich nach dem Siegespreis: der himmlischen Berufung, die Gott uns in Christus Jesus schenkt.

Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes 8, 1-11
In jener Zeit ging Jesus zum Ölberg. Am frühen Morgen begab er sich wieder in den Tempel. Alles Volk kam zu ihm. Er setzte sich und lehrte es.  Da brachten die Schriftgelehrten und die Pharisäer eine Frau, die beim Ehebruch ertappt worden war. Sie stellten sie in die Mitte und sagten zu ihm: Meister, diese Frau wurde beim Ehebruch auf frischer Tat ertappt. Mose hat uns im Gesetz vorgeschrieben, solche Frauen zu steinigen. Nun, was sagst du? Mit dieser Frage wollten sie ihn auf die Probe stellen, um einen Grund zu haben, ihn zu verklagen. Jesus aber bückte sich und schrieb mit dem Finger auf die Erde. Als sie hartnäckig weiterfragten, richtete er sich auf
und sagte zu ihnen: Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als erster einen Stein auf sie. Und er bückte sich wieder und schrieb auf die Erde. Als sie seine Antwort gehört hatten, ging einer nach dem andern fort, zuerst die Ältesten. Jesus blieb allein zurück mit der Frau, die noch in der Mitte stand. Er richtete sich auf und sagte zu ihr: Frau, wo sind sie geblieben? Hat dich keiner verurteilt? Sie antwortete: Keiner, Herr. Da sagte Jesus zu ihr: Auch ich verurteile dich nicht. Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!

(Quelle: Messbuch 2010, Butzon & Bercker Verlag)