Kölner Kardinal Meisner warnt vor wissenschaftlichem Atheismus

"Abgeschnitten von allen geistigen Wurzeln"

Der Kölner Kardinal Joachim Meisner hat vor einem Wiederaufkommen des sogenannten wissenschaftlichen Atheismus gewarnt. Der Mensch dürfe nicht auf das quantitativ Messbare reduziert werden, sagte Meisner in seiner Allerheiligen-Predigt im Kölner Dom am Sonntag. "Abgeschnitten von allen geistigen und religiösen Wurzeln verliert die sogenannte wissenschaftliche Vernunft das Korrektiv für ihr Denken und Handeln."

Mädchenchor am Kölner Dom (DR)
Mädchenchor am Kölner Dom / ( DR )

Das in DDR-Zeiten propagierte Gebot «Du sollst keine Götter neben der Wissenschaft haben» feiere wieder Auferstehung, beklagte der Erzbischof am Sonntag beim Allerheiligengottesdienst im Kölner Dom. Der Mensch werde wie damals «auf das quantitativ Messbare reduziert». Der Kardinal warnte vor «ideologisierten Biophysikern, Hirnforschern und Evolutionisten», die den Menschen als Ebenbild Gottes und vernunftbegabte moralische Person ausmerzen wollten.

Wenn beispielsweise Menschen geklont werden, träten sie nicht mehr als Geschenk des Schöpfers in die Welt, sondern «als Produkt unseres Machens». Dabei könne dann nach selbstgewählten Bedürfnissen selektiert werden.

Dawkins als «Vorreiter der neuen Gottlosen»
Der Kardinal verwies auf den britischen Schriftsteller Richard Dawkins. Dieser «Vorreiter der neuen Gottlosen» definiere den Menschen als Verpackung der allein wichtigen Gene, so wie die Nationalsozialisten im einzelnen Menschen nur den Träger des Erbgutes seiner Rasse gesehen hätten. Scharfe Kritik übte der Erzbischof auch am australischen Philosophen und Euthanasie-Befürworter Peter Singer; dieser halte ein Schwein oder einen Affen für wertvoller als ein hilfloses Baby oder altersschwache Menschen, die prinzipiell getötet oder der Forschung zur Verfügung gestellt werden könnten.

Der wissenschaftliche Atheismus und Aktionen wie die Atheismus-Werbung auf Bussen sind laut Meisner «keine harmlosen Experimente einiger Leute». Sie könnten wie in früheren Zeiten «viele Menschen buchstäblich das Leben kosten». Der Kardinal mahnte die Naturwissenschaftler, ihre Grenzen zu erkennen: «Sie haben Kompetenz im Labor, aber für die übrige Weltwirklichkeit sind sie nicht speziell zuständig.»

Das Fest Allerheiligen sei «die große Gegenbewegung der Kirche gegen den veruntreuten Himmel», so der Erzbischof. «Heute sehen wir gleichsam den Himmel offen. Vor uns stehen die Heiligen als Ziel unseres Lebens.» Der Mensch brauche Ewigkeit, denn jede andere Hoffnung sei für ihn zu kurz.