Kardinal Meisner zur Kolumba-Einweihung - Erzbischof weist Vorwürfe an Predigt zurück

"Sakralbau als Museum"

Mit Äußerungen zur Kultur hat der Kölner Erzbischof
Kardinal Joachim Meisner am Freitag für Aufsehen gesorgt. Anlässlich
der Einweihung des Kölner Diözesanmuseums Kolumba warnte er vor einer
Entartung der Kultur. "Dort, wo die Kultur von der Gottesverehrung
abgekoppelt wird, erstarrt der Kultus im Ritualismus und die Kultur
entartet. Sie verliert ihre Mitte", sagte Meisner beim
Festgottesdienst im Kölner Dom. Der nordrhein-westfälische
Kultur-Staatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff (CDU) wies die
Bewertung Meisners scharf zurück. Gegenüber dem domradio erläuterte Meisner anschließend die umstrittene Passage.

 (DR)

Das Wort "entartete Kunst" stehe für eines der schlimmsten Kapitel der deutschen Geschichte und einen katastrophalen Umgang mit Kunst und Kultur, sagte Grosse-Brockhoff weiter. Bereits Meisners Äußerungen zum neuen, von Gerhard Richter entworfenen Fenster im Kölner Dom hätten "bewiesen, dass es wenig Sinn macht, mit ihm über Kunst zu diskutieren. Und das sage ich nicht nur als Kulturstaatssekretär, sondern auch als Katholik".

Gegenüber dem domradio ging der Kardinal auf diese Kritik ein, er habe "nur ganz schlicht damit sagen" wollen, dass, "wenn man Kunst und Kultur auseinander bringt" beides Schaden erleide.

Erzbistum weist Kritik an Meisner-Äußerungen zurück
Neben Kardinal Meisner hat auch der Pressesprecher des Erzbistums die Kritik an den Äußerungen des Kardinals zurückgewiesen. Dieser habe sagen wollen, dass Kunst und Gottesverehrung nicht auseinandergerissen werden dürften, sagte Stephan Schmidt am Freitagabend der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Köln. Meisner lasse keineswegs alte Ideologien zu neuer Ehre kommen. Das Wort "entartet" habe er als rhetorisches Mittel verwendet, um die Ideologen des 20. Jahrhunderts mit ihren eigenen Begriffen zu schlagen.

Der Erzbischof habe in seiner Predigt bewusst Bezug auf die grausamen Verbrechen des vergangenen Jahrhunderts genommen, betonte der Sprecher. Damit habe er verdeutlichen wollen, was in einer Gesellschaft passiere, die Gott vergesse. Schmidt: "Der Erzbischof will gerade nicht den Ideologen des 20. Jahrhunderts die Deutungshoheit über das, was Kultur ist, überlassen." In seiner Predigt habe er das mit folgendem Satz verdeutlicht: Die "Pervertierung des Menschen" sei groß, "wenn er diese Identifikation auf Gott hin vergisst und dadurch zum Ohne-Gott oder gar zum Antigott wird, wie wir es in der Geschichte des 20. Jahrhunderts in Europa in grausamster Weise erleben mussten."

"Der Mensch ist nie nur profan"
In seiner Predigt hatte Meisner die Bilder von Christus, Maria und den Heiligen als "die schönsten Menschenbilder Europas" bezeichnet. Hier leuchte etwas von dem innersten Wesen des Menschen auf, betonte der Kardinal: "Der Mensch ist nie nur profan, er ist auch immer sakral. Deshalb gehört es zur Sachlichkeit des Künstlers, diese Menschenwirklichkeit in ihrer ganzen Breite und Tiefe zur Kenntnis zu nehmen". Wo dies vergessen werde, werde man dem Menschen nie gerecht.

Meisner bezeichnete Kolumba als ein "Sakralbau in den Dimensionen eines Museums". Der auf den Ruinen einer alten Pfarrkirche errichtete Bau sei "eine neue Möglichkeit, Menschen mit der Wirklichkeit Gottes in Berührung kommen zu lassen."

Das neue Museum ist ab Samstag für die Öffentlichkeit zugänglich. Es wird täglich außer dienstags von 12.00 bis 17.00 Uhr geöffnet sein. Anlässlich der Einweihung gelten am Wochenende verlängerte Öffnungszeiten von 12.00 bis 19.00 Uhr.

Modernes Terrain für den alten, ewig jungen Glauben an Jesus
Exklusiv für das domradio: Kardinal Meisner über Kolumba:
"Wer "Museum" hört, denkt an alte Dinge der Vergangenheit. Wenn ein Mensch als „museal" definiert wird, ist das kein Kompliment, sondern es will ausdrücken: Er gehört ins Gestern oder gar ins Vorgestern, er ist also jemand, der gar nicht mitreden kann. Unser neues Diözesanmuseum macht nicht den Eindruck, als ob es ein Ort der Nostalgie und der Vergangenheit wäre.

Schon der äußere Bau des Schweizer Architekten Peter Zumthor reiht sich in die modernste Kölner Architektur ein und wird jetzt schon als ein bemerkenswertes Zeugnis architektonischer Gestaltung der Gegenwart bezeichnet. Das Haus ist gleichsam das Gehäuse für den Inhalt. In der Tat ist das Ensemble von Gehäuse und Inhalt in der deutschen Museumslandschaft einmalig.

Zum einen dürfen wir sagen: Wir bezeichnen das Diözesanmuseum gar nicht als Museum, sondern es trägt einen besonderen Namen, den wohlklingenden Namen KOLUMBA. Denn es ist in die zerstörte St. Kolumba-Kirche der Kölner Innenstadt hineingebaut, die zu den bedeutendsten Pfarrkirchen bis zu ihrer Zerstörung im Jahr 1942 gehörte. Zunächst hat man unmittelbar nach dem Krieg auf das Grundstück von St. Kolumba die so genannte Kapelle der Trümmermadonna gebaut, einen der meistbesuchten Gottesdiensträume in der Stadt Köln. Wer an St. Kolumba vorbeigeht, der geht meistens zu einem kurzen Besuch in die Kapelle der Trümmermadonna, also jener gotischen Marienplastik, die nach dem Krieg von dem reichen Schmuck an Plastiken der Kolumba-Kirche an einer Säule übrig geblieben ist. Diese Kolumba-Kapelle ist in die Architektur des neuen Museumsbaus mit einbezogen worden. Über der Kapelle ist im Gebäudekomplex selbst ein Rundbau geschaffen, in dem der erhaltene Kirchenschatz, d.h. Reliquien, Kelche, Monstranzen und anderes kostbares Altargerät, als Dauerausstellung präsentiert wird. Dieser Rundbau trägt den Namen „Armarium", das bedeutet soviel wie: Hier werden Zeugnisse des Glaubens zur Verehrung durch die Besucher aufbewahrt.

In den übrigen großen Sälen und Ausstellungsräumen wird dann Kunst präsentiert: alte und neue, die eine Einladung an die Besucher bedeutet, sich von den Kunstwerken anschauen und anfragen zu lassen. Hier stellen sich die Fragen, welchen Sinn wir unserem Leben geben, ob wir wissen, woher wir kommen und wohin wir gehen. Darum ist KOLUMBA wieder, wie seit Jahrhunderten, auch als Museum ein Ort der Orientierung für den Menschen geworden. KOLUMBA wird immer wieder neue Ausstellungen zu bestimmten Lebensthemen veranstalten, und man kann nur wünschen, dass recht viele Menschen das KOLUMBA-Haus besuchen und die Informationen über die Sonderausstellungen zur Kenntnis nehmen.

Vielleicht werden manche fragen: Wie konnten wir denn ein so stattliches Haus errichten, das sicher nicht ganz billig gewesen ist, wo wir gerade im Projekt „Zukunft heute" eine große Sparaktion in der Erzdiözese Köln durchführen mussten? Darauf will ich gern eine Antwort geben: Seit über 150 Jahren gibt es den Verein für christliche Kunst, der ab 1853 Träger des Diözesanmuseums war. Als das Erzbistum Köln 1989 das Museum in seine eigene Trägerschaft übernahm, waren die Pläne für den Neubau bereits 15 Jahre alt. Jedoch wurden diese Pläne immer wieder zurückgestellt. Erst 1991 - nach der Prüfung verschiedener Standorte - gingen die Planungen dann weiter. 1994 haben wir schließlich das Trümmergrundstück der altehrwürdigen St.-Kolumba-Kirche erworben, um darauf bzw. darein in das noch vorhandene Mauerwerk das neue Museum zu errichten. So konnte auch die Kolumba-Ruine dauerhaft gesichert werden.

Als wir nach 27-jähriger Planungszeit im Jahr 2001 mit den Bauarbeiten beginnen konnten, war die Finanzierung des neuen Museums durch Baurückstellungen gesichert, die wir in den langen Jahren der Planung angespart hatten. So war sichergestellt, dass das Projekt angesichts sinkender Einnahmen nicht den laufenden Haushalt des Erzbistums belasten würde. Es sind dafür also keine Kirchensteuermittel verwendet worden.

Ich habe großen Wert darauf gelegt, die verantwortlichen Gremien in der Erzdiözese Köln zu informieren und ihr Urteil einzuholen. So haben die Mitglieder des Priesterrates des Erzbistums Köln, des Kirchensteuerrates und des Diözesanpastoralrates Besuche im bisherigen Diözesanmuseum am Roncalliplatz gemacht und sich dort über die Pläne, über die Absichten und über den Sinn eines neuen Museums informieren lassen. Wir haben in allen Gremien positive Zustimmung gefunden. Auch die Medien sind laufend informiert worden. Mir persönlich ging die Arbeit immer ein wenig zu langsam. Mein Traum ging dahin, dass wir das Diözesanmuseum KOLUMBA als Denkmal der Jahrtausendwende hätten einweihen können. Es sollte auch als ein solches Zeichen - selbst mit siebenjähriger Verspätung - gesehen werden.

Der alte, ewig junge Glaube an Jesus Christus betritt ein neues und modernes Terrain, um den Menschen des dritten nachchristlichen Jahrtausends mit der Fülle Christi in Berührung kommen zu lassen."


+ Joachim Kardinal Meisner
   Erzbischof von Köln