Kapitelsamt im Kölner Dom

"Gott ist geduldig"

domradio.de übertrug am 14. Sonntag im Jahreskreis das Kapitelsamt im Kölner Dom. In seiner Predigt zum Markus-Evangelium "Die Ablehnung Jesu in seiner Heimt" ruft Prälat Robert Kümpel dazu auf, den Weg zu Gott zu suchen. "Nur wer aus Überzeugung auf seine Seite wechselt, wird ihn verstehen."

 (DR)

Wer war Jesus von Nazaret? Im heutigen Evangelium erfahren wir einiges über ihn: Wohnort, Beruf, Familie. Das ist wichtig. Aber es ist nicht alles. Denn gerade die Nachbarn, die "alles" über Jesus wissen, verbauen sich den Blick auf das radikal Neue, das mit ihm und in ihm anfängt. Das alttestamentliche Bilderverbot warnt vor der Herstellung von Gottesbildern. Gott will genauso wenig, dass wir unsere Mitmenschen in unsere Vorurteile einsperren und über Nachbarn erschöpfend Bescheid wissen  - ihnen also Entwicklung, Veränderung, Neuwerden absprechen!

Wortgottesdienst

Erste Lesung

Prophet ist ein unmissverständliches Amt. Schon von Beginn an wird Ezechiel auf die Füße gestellt und mit einem klaren Auftrag losgeschickt. Erwarten werden den Propheten widerspenstige Zuhörer. Aber es ist eine Würde, Gottes Wort zu verkünden, seine Botschaft auszurichten. Ja, der Prophet wird sogar als "Menschensohn" bezeichnet. Diese Würde müssen letztlich auch diejenigen anerkennen, zu denen der Prophet gesandt ist. Auch für uns Christen kann dies ein entlastendes Wort sein. Als Zeuginnen und Zeugen sind wir zu den Menschen gesandt, auf eigenen Füßen stehend und doch getragen - aufrecht und mit klarer Botschaft. Das Prophetenamt ist ein würdiger, von Gott gesegneter Auftrag. Und wenn auch die Menschen dieser Botschaft nicht folgen; sie erkennen vielleicht doch in uns jenes Leuchten, das allein der Geist schenken kann.

Zweite Lesung
Wer eine besondere Offenbarung von Gott erhalten hat  wie der Apostel Paulus, steht in der Gefahr, dem Hochmut zu verfallen. Daher erinnert der "Stachel im Fleisch" Paulus stets daran, dass es allein die Gnade Gottes war, die ihn zum Apostel der Völker erwählt und befähigt hat. Ob unter dem "Stachel" eine Krankheit körperlicher oder seelischer Art zu verstehen ist, bleibt Spekulation. Sicher ist nur, dass Paulus sich dadurch schwer beeinträchtigt fühlte. Auf sein eindringliches Bitten eröffnet ihm Gott das große Geheimnis: Gottes Weg führt nicht über die breiten, bequemen Autobahnen, sondern auf den steinigen Wegen, weil er die Herzen erreichen und sie nicht einschüchtern will. Wie in Jesu Leiden am Kreuz erweist sich in der Schwäche letztlich Gottes erlösende Kraft.

Evangelium
Es muss nicht immer etwas Neues sein, was begeistern kann. Manchmal ist es auch der Geist Gottes, der altbekannte Dinge plötzlich in ganz anderem Licht leuchten lässt. Jesus erfährt, wie ernüchternd es ist, als Berufener von den eigenen Bekannten und Verwandten nicht akzeptiert zu werden. "Was kann aus Nazaret schon Gutes kommen", murmeln an anderer Stelle kopfschüttelnd die Leute über ihn (vgl. Joh 1, 46). In seiner Heimat erweist sich auch: Wunder haben nichts mit bezaubernder Magie zu tun. Ihre Wirkung hängt von der Einstellung der Beteiligten ab. Gott zwingt Menschen, die ihn ablehnen, seine Segnungen nicht auf, sondern reicht geduldig seine Hand.


Gott sei Dank gibt es nicht,
was sechzig bis achtzig Prozent
der Zeitgenossen
sich unter Gott vorstellen.

Karl Rahner


(Quelle: Messbuch 2009, Butzon & Bercker Verlag)