Eröffnung der Adveniat-Aktion 2011 in Köln

Hilfe ist keine Einbahnstraße

Mit einem Gottesdienst im Kölner Dom hat die katholische Kirche in Deutschland das 50-jährige Bestehen ihres Hilfswerks Adveniat gefeiert. Bei der deutschen Eröffnung der Spendenaktion zu Weihnachten sagte der Kölner Kardinal Joachim Meisner: "Mit innerer Ergriffenheit schauen wir heute auf die Initiatoren von Adveniat zurück." Sie hätten das Hilfswerk gegründet, als die Deutschen selbst noch in Kriegstrümmern gewohnt hätten. Gerade materielle Armut und Not hätten damals zum Teilen bewegt.

 (DR)

Im Rahmen der Aktion, die dieses Jahr unter dem Motto "Dein Reich komme” steht, wird am Heiligen Abend und am 1. Weihnachtstag in allen katholischen Gottesdiensten in Deutschland für die Hilfe von Adveniat in Lateinamerika und der Karibik gesammelt. Im Eröffnungs-Gottesdienst betonte der Erzbischof von Köln, Kardinal Joachim Meisner, dass die intensive Verbundenheit der Kirche in Deutschland mit Lateinamerika durch Adveniat keine Einbahnstraße sei. Vielmehr sei sie durch ein wechselseitiges Geben und Nehmen geprägt. Zu den Zelebranten der Messe gehörten neben Kardinal Meisner der Vorsitzende der Bischöflichen Kommission Adveniat, der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck, der brasilianische Bischof Luiz Flavio Cappio, der Geschäftsführer von Adveniat, Prälat Bernd Klaschka und andere lateinamerikanische Bischöfe.



Kardinal Meisner sagte in seiner Predigt, dass die Kirche in Deutschland bis heute auch vom Glaubenszeugnis der Christinnen und Christen in Südamerika lebe. "Ihre Geduld und ihre Tapferkeit und besonders ihre Glaubensfreude sind kostbare Geschenke, die unsere Gemeinden und Diözesen reich machen", betonte er. Der lebendige Austausch halte die gesamte Kirche dynamisch und missionarisch. Wichtig sei es dabei, Freuden, aber auch Sorgen zu teilen. Kirche sei keine Landeskirche, sondern Weltkirche. Weltkirche, so sagte der Kardinal, sei aber keine "Institution", sondern eine "Expedition": "Wir sind zueinander unterwegs. Wir lassen uns einander nicht im Stich." Kardinal Meisner unterstrich weiter, dass die geistigen und materiellen Güter der gesamten Kirche gehörten: "Würden wir festhalten, was die Schwestern und Brüder in anderen Regionen unserer Kirche vermissen, dann würden wir zum Dieb an den Brüdern und damit zum Dieb am Herrn."



Der Kardinal blickte auch 50 Jahre zurück, in die Zeit als Adveniat gegründet wurde. Er erinnerte daran, dass damals in Deutschland selbst noch viele Menschen in Trümmern lebten, viele Kriegswunden seien längst noch nicht geheilt gewesen. "Aber vielleicht waren es gerade die erlittene Not und die materielle Armut, die unsere Schwestern und Brüder im Glauben damals bewegte, mit den anderen zu teilen", sagte Meisner. Denn wo man wisse, was Hunger und Durst, was Verfolgung und Unfreiheit seien, "dort bekommt der Christ ein empfindsames Herz, ein offenes Auge und eine helfende Hand für die Not derer, die von Hunger und Armut bewegt werden." Auch Deutschland sei nach dem Zweiten Weltkrieg in seiner Not nicht alleine gelassen worden. "Es ist nicht wahr, dass nur das Böse ansteckend wirkt, auch das Gute, das wir von denen empfangen haben, die wir im Krieg bekämpften, hat unsere Herzen bewegt, ebenfalls zu teilen, nicht den Überfluss, sondern das, was wir vom Nötigen abgeben konnten", unterstrich der Kardinal. Gemeinsam sei es den Christen in Deutschland und Lateinamerika aufgetragen, das Evangelium zu verkünden: "Wir leben miteinander, und wir glauben miteinander." Die katholischen Christen in Deutschland brauchten das Christuszeugnis der Lateinamerikaner, sagte der Kardinal.



Zunehmender Drogenkonsum der Jugendlichen als größte Herausforderung

Adveniat-Aktionsgast Bischof Luiz Flavio Cappio sagte im Rahmen des Gottesdienstes, dass niemand so reich sei, dass er nichts empfangen kann. Und niemand sei so arm, dass er nichts geben kann. Auch der Bischof von Barra verstehe Solidarität als Straße, die in beide Richtungen befahren werden kann. Im Namen der lateinamerikanischen Bischöfe dankte Cappio von Herzen für die Spenden aus Deutschland. Bereits seit der Gründung Adveniats hat seine Diözese, die so groß ist wie die Schweiz, Unterstützung von Adveniat bekommen. Über die Grenzen Brasiliens hinaus bekannt wurde Bischof Cappio durch seinen Kampf gegen die Ableitung des São-Francisco-Flusses. Mit zwei Hungerstreiks versuchte er, das von der Regierung vorangetriebene Projekt zu stoppen. Heute bezeichnet der Franziskaner den zunehmenden Drogenkonsum der Jugendlichen als seine größte Herausforderung.



Adveniat hat in den vergangenen 50 Jahren über 200.000 Projekte mit mehr als 2,3 Milliarden Euro unterstützt. Tausende von Priestern, Ordensleuten und Laien haben mehr Bildung erhalten, Pfarreien, insbesondere in Armutsgebieten, wurden gefördert, pastorale Zentren, Kirchen und Kapellen wurden gebaut, viele soziale Projekte wurden unterstützt, immer mit dem Ziel, die Armut und soziale Ausgrenzung der Menschen in Lateinamerika und der Karibik zu lindern.