Bundespräsident bei Kölner Kolping-Feierlichkeiten

"Ich könnte sogar hier leben"

Bundespräsident Joachim Gauck hat die gesellschaftliche Bedeutung familiären Zusammenhalts unterstrichen. Die Familie zu stärken, sei für die ganze Gesellschaft lebenswichtig, sagte Gauck beim Festakt zum 200. Geburtstag des Sozialtheologen Adolph Kolping am Samstag in Köln.

Ein Bundespräsident zu Gast bei Kolping / © wu/kolping
Ein Bundespräsident zu Gast bei Kolping / © wu/kolping

"Familie war und ist immer eine je neue Aufgabe, in jeder Generation", sagte der Bundespräsident. Jeder Mensch brauche Beziehungen und Gemeinschaft. Das biete an erster Stelle die Familie. "So viele Chancen des Einzelnen und soviel geistige, seelische und moralische Prägung hängen davon ab", sagte Gauck. Es gehe dabei nicht um ein Idealbild, dem die Wirklichkeit der Familie zu keiner Zeit entsprochen habe. "Familie war niemals einfach ideal. Familie war und ist immer eine je neue Aufgabe, in jeder Generation", sagte der Bundespräsident. Immer gehe es darum, einen Raum zu schaffen, in dem man Verlässlichkeit und Bindung erfahre. "Das Zusammenleben der Generationen, das unsere ganze Gesellschaft prägt, hat seinen vornehmsten Erfahrungs- und Übungsort in der Familie", sagte Gauck.

Der Bundespräsident nannte Kolping, der 1813 in Kerpen bei Köln geboren wurde und Namensgeber des katholischen Sozialverbandes Kolpingwerk ist, einen "überzeugten Christen" und "großen Deutschen". Mit der Gründung des ersten katholischen Gesellenvereins habe der Priester 1849 eine praktische Antwort auf die Nöte der damaligen Zeit geliefert. "Auf die sozial engagierten Menschen wie Adolph Kolping kann die Christenheit mit Recht stolz sein", sagte Gauck. Die Geborgenheit gebende Familie sei ein Hauptanliegen Kolpings gewesen. Während damals andere den Klassenkampf propagiert hätten, habe sich Kolping nicht in der großen Vision eines diesseitigen Heils verloren und den Kontakt zur Wirklichkeit nicht aufgegeben, so Gauck. Zudem sei der Geistliche ein "besessener Publizist" gewesen, der als Redakteur und Zeitungsgründer unermüdlich dabei war, die Missstände "unters Volk zu bringen".

Der Bundespräses des Kolpingwerkes, Josef Holtkotte, bezeichnete Leben und Werk des katholischen Priesters und Pädagogen als Auftrag und Ansporn. "Das Christentum ist nicht bloß für die Kirche und für die Betkammern, sondern für das ganze Leben", zitierte Holtkotte eine Äußerung Kolpings.

"Köln hat eine Kultur des Lachens"

Zu den jährlich stattfindenden „Kölner Gesprächen“ hatte das Kolpingwerk Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kirche eingeladen. Das „Kölner Gespräch 2013“ war die zentrale Veranstaltung zur Würdigung des Jubiläums von Adolph Kolping. Vor dem Festakt fand ein ökumenischer Gottesdienst statt, an dem auch der Bundespräsident teilnahm. Bereits am Vormittag hatte er sich im Rathaus in das Goldene Buch der Stadt Köln eingetragen. Dabei äußerte er sich begeistert über das Leben in der Domstadt. In Köln vermischten sich die vielen Milieus, Szenen und Kulturen "mit Charme und Eigenart" zu einem Miteinander des Unterschiedlichen, sagte das Staatsoberhaupt am Samstag im Historischen Rathaus. Dies passiere noch mehr als in seiner jetzigen Heimat Berlin. Köln habe eine Kultur des Lachens und des "Sich-selbst-auf-den-Armnehmens". "Das alles zusammen macht den Kölschen Charme aus. Ich könnte sogar hier leben", sagte Gauck. Als Gastgeschenk erhielt Gauck einen Karnevalsorden.

Adolph Kolping, 1813 in Kerpen geboren, setzte sich während der Industrialisierung für wandernde Handwerkergesellen ein und gründete Gesellenvereine. 1850 schlossen sich die Vereine zu einem Verband zusammen, der 1935 in „Kolpingwerk“ umbenannt wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg bildeten sich die sogenannten Kolpingsfamilien. Nicht nur Handwerker, sondern alle Männer und Frauen können bei ihnen aktiv werden. Zum Kolpingwerk Deutschland gehören insbesondere Bildungs- und Familienferienwerke. Dem katholischen Sozialverband gehören nach eigenen Angaben heute bundesweit etwa 260.000 Mitglieder in mehr als 2.600 Kolpingsfamilien an.

(Quellen: dr, epd, dapd, KNA)