Glockenklänge im Weihnachtsfestkreis

Liebfrauen in Mülheim - der schwankende Turm

Vor 60 bzw. 50 Jahren wurden in Gescher die Glocken für Mülheim gegossen. Doch bis heute ist das vierstimmige Geläut der Liebfrauenkirche nicht vollständig. Der Glockenstuhl bietet noch Platz für eine große Glocke.

Glocken der Liebfrauenkirche / © Jan Hendrik Stens (DR)
Glocken der Liebfrauenkirche / © Jan Hendrik Stens ( DR )

In beiden Kriegen mussten die Mülheimer die Glocken der Liebfrauenkirche für Rüstungszwecke abgeben. Im Zweiten Weltkrieg ging eines der größten Geläute des Kölner Stadtgebiets vollständig unter. Die drei großen Glocken waren abgeliefert worden und die kleinste bei der Zerstörung der Kirche vernichtet. Das neue Geläut sollte in Etappen angeschafft werden. Den Anfang machte die Karl-Borromäus-Glocke, welche von der Gemeinde zum silbernen Priesterjubiläum ihres Pfarrers Karl König gestiftet wurde, weiß Lisa Weyand, die sich intensiv mit der Geschichte der Pfarrei beschäftigt. Ursprünglich sah der Glockensachverständige des Erzbistums Köln, Jakob Schaeben, ein sechsstimmiges Geläut für Liebfrauen vor. Doch als zum 100-jährigen Jubiläum der Kirche 1965 vier Glocken der Gießerei Petit & Gebr. Edelbrock im Turm hingen, geriet dieser in gefährliche Schwankungen, so daß beim Läuten der Mörtel in die Orgel der Kirche fiel. Problematisch war nicht die Größe oder das Gewicht der Glocken, sondern die Pendelfrequenz, welche den Turm aufschaukelte. Umfangreiche Maßnahmen waren notwendig, um das Problem zu beheben. Heute schwingen die vier Glocken nicht mehr längs sondern quer zum Kirchenschiff in einer 32 Meter hohen Stahlkonstruktion, die weit unten im Turm ihre Fußpunkte hat. Der Platz für die geplante große Glocke ist immer noch frei. Sie würde mit ihrer Pendelfrequenz keine Probleme darstellen, urteilte der Glockensachverständige noch in den siebziger Jahren nach einem Schwingungsgutachten. In der Turmhalle hängt die älteste Glocke aus dem Bereich Mülheim-Buchheim. Sie wurde 1729 vom Kölner Gießer Gottfried Dinckelmeyer für die alte Mauritiuskirche, die heutige Kapelle auf dem Katholischen Mülheimer Friedhof, gegossen und gelangte erst vor einigen Jahrzehnten nach Liebfrauen. Heute dient sie als Sakristeiglocke und wird in festlichen Gottesdiensten beim großen Einzug angeschlagen.