Pontifikalamt im Kölner Dom

Zweiter Sonntag der Osterzeit

Zweifeln wir nicht alle ab und zu? Mit dieser Frage wandte sich Weihbischof em. Manfred Melzer an die Gemeinde. In seiner Predigt ging er auf den Apostel Thomas ein, der für seine Zweifel bekannt ist.

 (DR)

"Wir können ihn wohl gut verstehen, denn in uns allen steckt etwas von diesem zweifelnden Thomas", so Melzer in seiner Predigt. "Eine ehrliche Haut, dieser Thomas. Er macht sich nichts vor."

Aber die Tatsache, dass auf der ganzen Welt viele Millionen Menschen am Glauben an Gott festhielten, zeige, dass wir Menschen auf viel mehr warteten, als auf ein bisschen Besitz, Spaß und Lebensfreude. Mit der Devise: "Ich glaube nur das, was ich sehe" käme man nicht weit. "Die Liebe kann man nicht sehen", so Melzer. "Und doch, wir können sie erfahren."

Der zweite Sonntag der Osterzeit heißt auch Sonntag der Göttlichen Barmherzigkeit und Weißer Sonntag.

Papst Johannes Paul II. hat im Jahr 2000 den zweiten Sonntag der Osterzeit zum Sonntag der göttlichen Barmherzigkeit bestimmt. Er will die Barmherzigkeit Gottes als zentralen Aspekt der göttlichen Liebe zu uns Menschen stärker bewusst machen. Die Nähe zum Osterfest verdeutlicht, dass Gott allen Menschen Anteil geben will an der Erlösung durch Jesus Christus. Wenn Gott nur gerecht wäre, wer könnte dann vor ihm bestehen? Doch Gott, so sagt es die Bibel, ist barmherzig. Die barmherzige Liebe Gottes erst ist es, die uns hoffen lässt, dass Gott uns immer wieder einen Neuanfang schenken will, wenn wir selbst dazu bereit sind. Schon im Alten Bund (z. B. Ps 103,8; Ez 33,11; Hos 6,6) wird die Barmherzigkeit Gottes betont. Im Neuen Bund bezeugt Jesus in Wort und Tat diese barmherzige Liebe des Vaters. Bei Lukas heißt es z. B.: „Durch die barmherzige Liebe unseres Gottes hat uns besucht das aufstrahlende Licht aus der Höhe“ (Lk 1,78; vgl. Lk 1,50; 15,1 ff.). Diese Liebe anzunehmen und daraus zu leben, ist das eine; sie durch unser eigenes Handeln sichtbar zu machen, ist das andere.

Der Weiße Sonntag erinnert an den Brauch der frühen Kirche, dass die in der Osternacht Getauften eine Woche lang ihre weißen Taufkleider trugen. Die Osteroktav diente dazu, sie tiefer in die Heilsgeheimnisse der Sakramente einzuführen. Diese Weiße Woche, in der die Neugetauften im Mittelpunkt standen, erinnerte die Gemeinde so zugleich an die eigene Taufe und gab ihr Gelegenheit, sich auf das eigene Christsein zu besinnen. Die gemeinsame Erstkommunionfeier, wie wir sie heute vielerorts am Weißen Sonntag kennen, bildete sich im 18. Jahrhundert heraus.

aus: Magnificat. Das Stundenbuch. April 2018


Erstkommunion / © Alexander Brüggemann (KNA)
Erstkommunion / © Alexander Brüggemann ( KNA )