Symphonie Antique von Charles-Marie Widor

Christliches statt Heidnisches

Die Symphonie Antique mit Schlusschor "Te Deum" op. 83 stammt aus der späteren Schaffensphase des Komponisten und Musikpädagogen Widor. Sie vereinigt die beiden gregorianischen Themen "Te Deum laudamus" und "Lauda Sion Salvatorem".

Fronleichnam in Rom (dpa)
Fronleichnam in Rom / ( dpa )

Charles-Marie Widor war über sechzig Jahre Organist an der Pariser Kirche Saint-Sulpice und starb 1937 im hohen Alter von 93 Jahren. Von seinen mehr als 150 Werken sind vor allem die zehn monumentalen Orgelsymphonien (darunter die bekannte Toccata aus der 5. Symphonie) bekannt. Widor komponierte jedoch weitere Stücke für Klavier oder andere Instrumente wie Flöte, Klarinette, Violine und Violoncello. Die Symphonie Antique für Soli, Chor, Orchester und Orgel gehört in die spätere Schaffensphase des Komponisten. Ähnlich wie in Widors gotischer oder romanischer Orgelsymphonie setzt der Franzose verstärkt auf gregorianische Themen, was stilistisch auf seinen Schüler Charles Tournemire hinweist. Zwei Jahre lang arbeitete er an seinem Opus 83, bevor die Uraufführung am 22. März 1911 im Saal des großen Hauses der befreundeten Comtesse de Bearn stattfand. Ende des Jahres folgte schließlich die öffentliche Uraufführung und zwei Jahre später dirigierte Widor persönlich seine Symphonie Antique mit großem Erfolg in Dortmund.

Unterteilt ist das Werk in vier Sätze, in denen hauptsächlich zwei gregorianische Themen verarbeitet werden. Den Hintergrundgedanken dazu liefert Widor selbst: Auf der Titelseite notierte er, dass das Thema der Symphonie den Worten des Sophokles am Abend der Schlacht von Salamis (480 v. Chr.) zugeschrieben ist. Der griechische Dichter war als junger Mann Vorsänger bei der Dankeshymne der Griechen an die Götter des Sieges. Der Wortlaut ist allerdings nicht überliefert. Widor setzt an die Stelle des unbekannten griechischen Textes das "Te Deum laudamus" und die Fronleichnamssequenz "Lauda Sion Salvatorem" – also zwei Texte aus der christlichen Liturgie in einem heidnischen Kontext.

Der militärische Hintergrund wird gleich zu Beginn des ersten Satzes deutlich, wenn das gregorianische Te Deum-Motiv vorgestellt wird. Nach dem Allegro moderato des ersten und dem Adagio des zweiten Satzes wird schließlich im dritten Satz das gregorianische Lauda Sion-Motiv von unterschiedlichen Instrumentengruppen vorgestellt, zunächst im Moderato und dann im Tempo Allegro. Der mit Abstand längste Satz der Symphonie ist die vierte und letzte. Erst hier kommt der Chor zum Einsatz, der das Te Deum singt. Musikalische Basis ist wieder der Gregorianische Choral. Zwischendurch wird aber auch der Beginn der Fronleichnamssequenz, das Lauda Sion, eingestreut. Bemerkenswert ist, dass Widor die Orgel erst ganz zum Schluss beim "In te Domine speravi" einsetzt, dann aber mit voller Kraft. Krönender Abschluss ist schließlich noch einmal eine choralartige Durchführung des Lauda Sion von Chor und Orgel, in deren letzte Akkorde das Orchester mit einsetzt.

 

CD-Tipp:

Charles-Marie Widor: Symphonie Antique mit Schlusschor "Te Deum" op. 83 für Soli, Chor, Orchester und Orgel

Ausführende:

Domkantorei Altenberg, Gürzenich-Chor Köln, Deutsch-Französischer Chor Köln, Total Vokal Dortmund sowie weitere Sängerinnen und Sänger

Leitung: Volker Hempfling

Erschienen bei Motette

(Erstsendedatum: 04.06.2015; 26.05.2016)