Frank Martins originelle Messvertonung

Rhythmus und Klanggewalt

Das Werk entstand in den 1920er Jahren und besticht bis heute mit einer ganz eigenen Tonsprache. Die Chorkomposition überrascht mit schwungvollen Rhythmen, reizvollen Dissonanzen und großen klanglichen Effekten.

Kölner Dom (dpa)
Kölner Dom / ( dpa )

Der Komponist verzichtet auf den Einsatz eines Orchesters oder Solo-Sängern und nennt das Werk schlicht nach der Besetzung: Messe für zwei vierstimmige Chöre. Obwohl Martin Wort für Wort die Text der Katholischen Messe vertont und das Werk bis heute regelmäßig im Gottesdienst aufgeführt wird, überrascht jeder der 5 Messteile mit einer spezieller Tonsprache.

Das Kyrie und die meisten anderen Teile der Messe entstanden 1922, der Rest dann 1926. Die Kirchenmusik war eigentlich kein besonderer Schwerpunkt im Schaffen von Frank Martin, gerade deshalb überrascht die Originalität des Werkes. Martin wurde 1890 in der Schweiz geboren. Er wirkte als Cembalist, Komponist und Hochschullehrer, sowohl in der Schweiz wie auch in Deutschland. Er komponierte Kammer- und Orchestermusik. Der Schwerpunkt seines Schaffens war die Vokalmusik vor allem in Form von Oratorien oder Vokalkonzerten, einige Werke wurden bei den Salzburger Festspielen aufgeführt. Dass Martin gut die Möglichkeiten der menschlichen Stimme auszunutzen wusste, zeigt sich auch bei der Messe für zwei vierstimmige Chöre.

Parallele Stimmführung, Reibungen, Unisono-Passagen, komplizierte Akkorde, prachtvolle Klangeffekte: auch wenn die Messe für zwei vierstimmige Chöre nur etwa 30 Minuten dauert, entwirft Martin einen ganz eigenen Klangkosmos und reizt fast alle musikalischen Möglichkeiten der Zeit aus. Durch leere Quint- und Quartklänge bekommt die Messe an der ein oder anderen Stelle einen fast archaischen Charakter, aber auch ruhige Passagen mit sanften Klängen finden sich. Dann wieder erhält das Werk durch den Einsatz von 5er Takten einen ganz eigenen Schwung, verbunden mit aberwitzigen Dissonanzen wie zum Beispiel im Sanctus, dazu spreizt Martin die eigentlich je nur vierstimmigen Chöre auf sechs Stimmen:

Im Bereich der  a cappella-Mess-Vertonungen des 20. Jahrhunderts kommt der Messe von Martin durch die eigenwillige Tonsprache und dem nicht unerhebliche Schwierigkeitsgrad eine Sonder-Stellung zu. Einen speziellen Bezug hatte Martin zu Köln: Von 1950 bis 1957 unterrichtete er Komposition an der Musikhochschule Köln. Am 21. November 1974 starb er schließlich in den Niederlanden.

(Erstsendedatum: 28.06.2015, Wiederholung: 19.06.2016)