Barocke Passionsmusik

Das Leiden nach Markus

In Cantica geht es in dieser Woche um Passionsmusik aus der Barockzeit.

Für uns am Kreuz gestorben / © Elisabeth Schomaker (KNA)
Für uns am Kreuz gestorben / © Elisabeth Schomaker ( KNA )

Reinhard Keisers Vertonung der Leidensgeschichte, wie sie der Evangelist Markus aufgeschrieben hat, wird vorgestellt. Sie ist ein Paradebeispiel für Passionsvertonungen der Barockzeit mit Rezitativen, Arien und Chorälen. Die Urheberschaft Keisers ist nicht hundertprozentig bewiesen. Den stärksten Beweis für die Komposition bietet ein Vermerk des damals noch jungen Hoforganisten Johann Sebastian Bach am herzoglichen Hof zu Weimar. Während seiner ersten Amtsjahre arrangierte er die Aufführung einer Markus-Passion und vermerkte eigenhändig den Namen Reinhard Keiser auf dem Aufführungsmaterial.

Wichtigstes Merkmal der Passionsvertonungen dieser Zeit ist der Aufbau. Verschiedene Stilformen wechseln sich ab und erfüllen so jeweils eine eigene Funktion. Die wichtigsten drei Stilformen sind das Rezitativ, die Arie und der Choral. Keisers Markus-Passion ist für das Verständnis der unterschiedlichen Aufgaben und Funktionen bestens geeignet, weil sein Werk knapp und pointiert angelegt ist und die Balance zwischen Rezitativ, Arien und Chorälen hervorragend gelingt.  Nur drei Choräle sah Keiser in seiner Komposition vor. Besonders hervorzuheben ist seine Bearbeitung des Chorals „Was mein Gott will, das g'scheh allzeit“.

Die Handlung der Leidensgeschichte wird in Keisers Markuspassion, wie auch in den anderen typischen Beispielen für Passionsvertonungen seiner Zeit, durch Rezitative weitererzählt. Ein Solist singt als Evangelist den Text aus dem Evangelium, treibt die Handlung der Geschichte in dieser Form voran. Die Botschaft des Evangeliums steht hierbei ganz im Mittelpunkt. Deshalb wird der Gesang von den Instrumentalisten auch nur untermalt. Der sogenannte Generalbass bildet das harmonische Gerüst. Der Akkord wird von einem Tasteninstrument, in diesem Fall ist es ein Cembalo, gespielt, die Bassstimme durch ein Streichinstrument verstärkt.  

Meditative Ruhepunkte im Stück bilden die insgesamt zehn Arien. Sie dienen dem Zweck, das im Rezitativ gehörte aus der Leidensgeschichte Jesu zu vertiefen. Der Hörer soll die Gelegenheit bekommen über das Gehörte nachzudenken. Das geschieht vor allem durch den gedichteten Text der Arien, der die Gedanken des biblischen Textes aufgreift und sie geistlich ausdeutet. In Keisers Passion sind jeweils drei Arien für Sopran, Alt und Tenor zu finden. Für den Bass, als Stimme Christi, ist nur eine Arie vorgesehen. Diese steht dafür an zentraler Stelle, genau zur Mitte des Stückes, als gerade zuvor von der Kreuzigung Jesu berichtet wurde. Reinhard Keisers Markuspassion, die zu Beginn des 18. Jahrhunderts entstanden ist, kann daher als Paradebeispiel für Passions-Vertonungen der damaligen Zeit gelten.

(Sendung vom 22.03.2015)