Verena Rossbacher führt uns aufs Glatteis des Lebens

'Ich war Diener im Hause Hobbs'

Wie verändern sich unsere Erinnerungen? Etwas furchtbares passiert. Ein Freund nimmt sich das Leben - und wir fragen uns, was haben wir übersehen? Verena Rossbacher erzählt in 'Ich war Diener im Hause Hobbs', wie unsere Erinnerungen uns betrügen können.

Verena Rossbacher / © Joachim Gern (KiWi)
Verena Rossbacher / © Joachim Gern ( KiWi )

"Ich wollte, dass dieses Gefühl: 'Man weiß, worum es geht' - irgendwann ins Wanken gerät. Das man merkt, vielleicht ist alles gar nicht so einfach", sagt Verena Rossbacher im DOMRADIO.DE Interview. In ihrem Roman 'Ich war Diener im Hause Hobbs' überrascht sie den Leser mit immer neuen Wendungen. Und doch kommt nicht alles von ungefähr, und doch hat sich alles schon angebahnt. Auf einmal entpuppt sich ein Bild - ein scheinbar belangloses Treffen am Strand, ein Tanz oder die Anprobe einer Badehose als eine Spur, die verrät, was sich später ereignet. Im Nachhinein erfahren diese Begebenheiten eine neue bedeutungsschwere Bewertung.

Der plötzliche Tod eines Menschen rückt das gelebte Leben in ein anderes Licht. Besonders wenn der nahe Freund sich das Leben genommen hat. Eine erschütternde Tat, die wir doch hätten kommen sehen müssen. "Wir leben damit, dass wir uns unserer Erinnerungen sicher wähnen", sagt Verena Rossbacher, "anders würden wir uns ständig sehr labil fühlen. Wir bestreiten nicht, dass unsere Erinnerungen Fakten sind. Aber das stimmt natürlich nicht. Unsere Erinnerungen sind immer wahnsinnig subjektiv und eine dezidierte Auswahl".

Eine Lawine, die nicht aufzuhalten ist

Bei Rossbachers Ich-Erzähler Christian wird es auf einmal ernst, weil der Tod in sein Leben einbricht. Christian ist Diener im Hause Hobbs. Sein Dienstherr Jean Pierre Hobbs nimmt sich das Leben. Aus Bruchstücken der Vergangenheit versucht Christian zu ergründen, was zu dem Selbstmord geführt hat und gerät in Verwicklungen, die mit seinem Freundeskreis zu tun haben. Verena Rossbacher erzählt dabei auch die Geschichte einer engen Jungsfreundschaft – scheinbar eine Parallelhandlung, die dann aber immer enger an die Ereignisse um die Familie Hobbs heranrückt. Ein zweiter Todesfall läßt alles in einem ganz anderen Licht erscheinen. Am Ende zeigen die Bilder der Vergangenheit, dass die Katastrophe sich lange vorher angebahnt hat - wie eine Lawine, die ins Rollen geraten und nicht mehr aufzuhalten ist.

Sehnsucht nach Mystik und Metaphysik

Verena Rossbachers Roman ist ein spannender Krimi, aber noch viel mehr als das. Die Autorin erzählt die Geschichte von vier Freunden, die ihren Weg ins Leben suchen und dabei eine unbestimmte Sehnsucht nach Metaphysik und Mystik haben. Isi, einer der vier, wird buddhistischer Mönch. Die Autorin hat Theologie studiert und erzählt im DOMRADIO auch von ihrer katholischen Kindheit in Vorarlberg. Mit welcher Selbstverständlichkeit ihre Großmutter sie mit zur Kirche genommen habe und dass diese Selbstverständlichkeit des Glaubens ihr bis heute eine gewisse Sicherheit gebe. "Das Thema, ich meine, da wird man wahrscheinlich nie satt davon", sagt Rossbacher, "mir würde wahnsinnig etwas fehlen, wenn ich mich nicht an diesen Bildern und Geschichten abarbeiten würde".

Aber zurück zu ihrem Roman: 'Ich war Diener im Hause Hobbs'. Ein Roman, der vom Erwachsenwerden erzählt, der ein spannender Krimi ist, ein packender Unterhaltungsroman, witzig und traurig zugleich. Verena Rossbacher winkt bescheiden ab. Von solchen Katalogisierungen hält sie rein gar nichts: "Ich halte sehr viel von Unterhaltung, wenn Dinge verhandelt werden, die wichtig sind" sagt sie, "und sollte mir das gelungen sein, dann bin ich sehr glücklich, weil ich mehr eigentlich nicht wollte".


Quelle:
DR