Uwe Timm erinnert sich an die Zeit vor 1968

"Freitisch"

"Das war eine muntere Zeit die frühen Sechziger. Werden ja immer als langweilig gehandelt. Dabei wurde all der Zunder gesammelt, der dann später, 1968, die Feuerchen machte."

 (DR)

Vier Studenten treffen sich in den frühen Sechzigern am Mittagstisch einer spendablen Versicherung, die damals in München sogenannte Freitische für Studenten anbot. "Freitisch", so heißt dann auch die soeben erschienene Novelle von Uwe Timm. Der Schriftsteller lässt zwei alte Männer aus der Tischgemeinschaft auf die Zeit vor 1968 zurück blicken. "Ich bin überzeugt," erinnert sich einer: "dass die Leidenschaften damals intensiver, verrückter und wilder waren. Sich hinzugeben war doch Wagnis. Eine Entschiedenheit, Blindheit, Implosion der Vernunft, Taumel. Das war die Zeit vor der Pille." Uwe Timm hat selbst in dieser Zeit studiert. Im domradio Autoreninterview erinnert er sich an die "weit größere Entschiedenheit, sich in eine Beziehung zu begeben - wenn man nicht verhütete." Die Beziehungen aber auch die Umgangsformen waren damals anders. Die  Studenten gingen noch im Anzug zur Uni und siezten sich, die alten Autoritäten galten noch. Heute habe sich vieles geändert, aber, so sagt Uwe Timm, Autoritäten gebe es immer noch: "Der Konsumbereich ist eine enorme Autorität, die man gar nicht spürt. Das ist ja das Raffinierte. Wenn die Menschen konsumieren, glauben sie Selbstfindung und Glück zu erlangen, das ist natürlich nur ein Schein."    



Info:

Uwe Timm / Freitisch / Novelle / Verlag Kiepenheuer und Witsch / 136 Seiten / 16 Euro 95