Roland Schulz über unser Ende und was wir darüber wissen sollten

'So sterben wir'

Was passiert, wenn du stirbst? Was geschieht mit deinem Leichnam? Wir wissen kaum, was passiert, wenn wir sterben. Roland Schulz hat ein aufklärendes Buch geschrieben. 'So sterben wir. Über unser Ende und was wir darüber wissen sollten', heißt es.

Roland Schulz / © Dirk Bruniecki (Piper)
Roland Schulz / © Dirk Bruniecki ( Piper )

"Vor ein paar Jahren bin ich Vater geworden", erzählt Roland Schulz im DOMRADIO.DE Interview. "Da gibt es viele Erklärungsbücher, die ganz genau den Anfang des Lebens beschreiben. Ich dachte, dass es so etwas auch über das andere Ende des Lebens gibt und habe dann festgestellt, nee, das gibt es nicht". 'Schritt für Schritt. Ein Kind entsteht', so heißen die Bücher, die vom Anfang des Lebens erzählen. Warum es so ein Buch nicht auch für den Übergang vom Leben zum Tod gibt, hat mit einem Reflex zu tun, den wir alle kennen, wenn wir über sterbende Menschen nachdenken, vermutet Roland Schulz. "Dieses: Na ja, das bin ja nicht ich. Die Wahrheit ist, doch, das bin ich. Ich weiß nicht, was morgen ist oder in einem Jahr oder in fünf, wenn ich das noch erlebe. Aber eine Sache ist ganz sicher, ich werde sterben. Das blende ich aber aus", sagt der Autor.

Sterben und Tod sind ein Mysterium

In seinem Buch 'So sterben wir' leuchtet Roland Schulz beeindruckend weil hautnah die letzten Tage vor und die Tage und Wochen nach dem Tod aus. Er erklärt akribisch und medizinisch genau, was biologisch mit unserem Körper passiert, wenn wir sterben und verwesen. Das Besondere an dem Buch, Schulz spricht den Leser direkt an und macht uns klar, wir sind es, die sterben werden. Dabei schreibt er sehr respektvoll über ein Thema, dem wir uns nur behutsam annähern können, denn komplett begreifen werden wir Sterben und Tod nie. "Es gibt keine Studien des Sterbens, die von Sterbenden kommen", sagt Schulz, "es ist wichtig anzuerkennen, dass wir dieses Mysterium, das es dann letztendlich ist, nie vollständig durchdringen werden", ist der Autor überzeugt. Die letzten Augenblicke vor dem Übergang zum Tod sind fast immer stumm. Es gibt keine Sprache mehr, keine Worte, nichts Sagbares. "Viele Sterbende trüben ein, sagen die Ärzte. Sie gleiten in eine Art von Dämmer, von Bewußtlosigkeit. Da ist es dann nicht mehr möglich zu sprechen", sagt Schulz.

Er beschreibt in seinem Buch weiter, was mit unserem Leichnam passiert und er räumt mit Vorurteilen auf, von wegen: die Leiche sei giftig. Bedauerlich findet Schulz, dass sich die Menschen oft viel zu wenig Zeit für den Abschied nehmen. Zum Beispiel den verstorbenen Angehörigen zuhause aufzubahren, sei auch heute wie in früheren Zeiten gut möglich. "Der Leichnam verändert sich natürlich ein wenig, aber es ist nicht so, dass das irgendwie gefährlich oder giftig wäre. Das stimmt alles nicht", erklärt Schulz. "Und dann kommt unter Umständen ein Bestatter ins Spiel, der sagt: Na ja, ich nehme ihn mal lieber gleich mit, weil es für den Bestatter natürlich viel einfacher ist, wenn er den Verstorbenen in die Kühlung überführen kann, als wenn er dann noch eine Hausaufbahrung zu betreuen hat".

Christliche Rituale entfalten eine große Kraft

Und dann hat Schulz sich auch unterschiedliche Formen der Beisetzung angeschaut. Dabei verschwinden die alten christlichen Beerdigungen zunehmend. "Wenn man dann so eine säkulare Beisetzung erlebt, stellt man fest, neue Rituale, neue Formen des Abschieds und der Trauer haben wir in der Gesellschaft noch nicht gefunden", sagt Schulz. Von den alten christlichen Beerdigungen erzählt der Autor auch in seinem Buch. So hat er bei der Recherche an einem Begräbnis in einem größeren Kloster teilgenommen und war sehr beeindruckt: "Da entfalten Rituale eine große Kraft. Dieses 'Und das ewige Licht leuchte ihnen' finde ich toll. Ich finde auch das 'memento mori' in der christlichen Bestattung großartig. Wenn es dann heißt, jetzt beten wir für den in unserer Mitte, der dann als nächstes sterben wird".

Denn eines ist sicher, sterben werden wir alle. Das sollte uns bewusst sein, das sollten wir nicht verdrängen. Der Tod gehört zum Leben dazu, der Abschied vom Leben und der Abschied von unseren Liebsten. Und da hat Roland Schulz gesellschaftliche Entwicklungen beobachtet, die ihn sehr nachdenklich gemacht haben. "Im Gespräch mit Angehörigen tauchte immer wieder dieser Satz auf: Irgendjemand will irgendjemandem nicht zur Last fallen. Ein Sterbender hat dann gesagt, ja, ich will euch nicht zur Last fallen und wir machen mal lieber eine Feuerbestattung und es soll keine Grabstätte geben, weil ihr euch nicht darum kümmern könnt. Ich finde, wer – wenn nicht die Sterbenden und die Toten – soll uns denn zur Last fallen dürfen. Ich finde das ganz schlimm, wenn Menschen einsam sterben und dann eine Beisetzung stattfindet, wo tatsächlich gar niemand mehr da ist, außer jemand von Amts wegen".


Quelle:
DR