Moritz Küpper über sein Buch "Es war einmal ein Spiel"

Wie der Fußball unsere Gesellschaft beherrscht

"Der Fußball hat sich von seinem Status als reine Sportart entkoppelt", sagt Moritz Küpper. In seinem Buch ´Es war einmal ein Spiel´ beschreibt der Journalist des Deutschlandradios, wie der Fußball unsere Gesellschaft beherrscht.

Moritz Küpper / © Gustav Kuhweide (privat)
Moritz Küpper / © Gustav Kuhweide ( privat )

Der DFB hat 7,5 Millionen Mitglieder. Während alle Parteien, Vereine und auch die Kirchen an Mitglieder verlieren, gilt das für die Fußballvereine nicht. Aus der schönsten Nebensache der Welt, dem Fußball, ist ein enorm wichtiger Teil unserer Gesellschaft geworden, und zwar gilt das für fast alle Bereiche des Lebens. "Fußball, das ist auch Politik, Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft, Justiz, Medien. Lifestyle oder Mode". Moritz Küpper erzählt in seinem Buch sehr anschaulich, wie der Sport in fast allen Bereichen der Gesellschaft an Bedeutung gewonnen hat. "Der Fußball ist eines der größten zeitgenössischen Bühnen und wird damit erschreckenderweise auch als Ziel von Gewaltverbrechern benutzt, die damit eine maximale Aufmerksamkeit bekommen", erzählt Küpper im domradio.de Interview. Der Anschlag auf die Spieler von Borussia Dortmund und die Berichterstattung darüber, seien bespielhaft dafür, wie sehr der Fußball die Gesellschaft beherrsche. Die Phrase: ´Fußball ist doch nur ein Spiel´ bezeichnet Küpper als eine verharmlosende Formulierungen, die verkennt, dass der Fußball eine weitgreifende Macht ausübt. "Durch die Floskel ´Das ist ja nur ein Spiel´ bekommt man eine freie Fläche, die von gesellschaftlichen Gruppen und Institutionen ausgenutzt wird", erklärt Küpper. Die geplante Weltmeisterschaft in dem Wüstenstaat Katar sei allerdings ein Symbol dafür, dass man das Rad Fußball in der Kommerzialisierung und Politisierung überspannt habe, und es gebe zahlreiche Bewegungen, die so etwas deutlich machten, sagt der Sportjournalist.

Fußball als Weltreligion

Fußball kann wie eine Weltreligion die Menschen verbinden. Diese These vertritt der Historiker Moshe Zimmermann, den Küpper zitiert. So sei der Fußball auf dem Weg die größte Weltreligion zu werden. Es gibt schon Kongresse, die sich mit dem Thema Fußball als Religionsersatz beschäftigen. Küpper hat selbst so einen Kongress besucht und erzählt darüber in seinem Buch. "Fußball gleitet immer mehr ins Religiöse und Verehrende ab", stellt Küpper fest. Vor Saisonbeginn finden in verschiedenen Bundesligastädten Fußball-Gottesdienste statt. In vielen Stadien gibt es Kapellen, wo man sich trauen oder sein Kind taufen lassen kann. In Gelsenkirchen gibt es in Stadionnähe ein Schalke 04 Gräberfeld. Allerdings dürfe man dort keine gelben oder schwarz-gelben Blumen verwenden, weil das die Farben des Erzrivalen Dortmund seien, habe ihm der Verwalter erzählt. Die Menschen, die sich so eine Fußballbestattung wünschen, hätten ihm gesagt, dass die Kinder ohnehin die Dauerkarte des Vereins erben, und wenn sie jeden zweiten Samstag ins Stadion kämen, dann seien sie dem Verstorbenen ganz nah. Aber trotz aller Parallelen zwischen dem Fußball und der Religion, trotz aller Fußballgötter und Fußballkathedralen, die gebaut werden, fehlt dem Sport doch etwas: die Verbindung zur Transzendenz. Die gibt es nur in der Religion, zitiert Küpper den Sporthistoriker und Theologen Markwart Herzog