Margriet De Moor über ihre Novelle "Schlaflose Nacht“

Die große Frage nach dem "Warum"

Es geht um das Geheimnis des Lebens, um die Widersprüche, um Liebe, Abschied und Tod und um die große Sehnsucht, eine Antwort auf die Frage zu bekommen: Was das alles für einen Sinn hat?

domradio.de im Gespräch mit Margriet De Moor / © domradio (DR)
domradio.de im Gespräch mit Margriet De Moor / © domradio ( DR )

"Schlaflose Nacht“ heißt die Novelle von Margriet De Moor und erzählt von einer Frau, die ihren geliebten Mann plötzlich verliert. Er nimmt sich das Leben. "Ein ganz normaler Mann, der keine eineinhalb Jahre meines Lebens mit mir geteilt hat, hatte sich nach einem Schuss in einem Treibhaus in ein wahnsinnmachendes Geheimnis verwandelt“.

"Poesie kann trösten. Wenn wir das Glück haben, ein bisschen Gespür für Poesie zu haben, dann lebt man ein Leben, das intensiver ist“, sagt die niederländische Autorin De Moor im domradio.de Interview, "meine Bücher stellen Wirklichkeit dar, indem die Figuren häufig einen kleinen Schritt zur Seite gehen, dann sieht die Wirklichkeit etwas anders aus – etwas schöner, schrecklicher oder tiefer, aber etwas anders. Viele meiner Figuren machen diesen Schritt zur Seite und dann landen sie in einem Leben, dass sie auch hätten führen können und sie tun das auch“.

Wenn alle Erklärungen versagen

Warum hat mein Mann sich das Leben genommen? Diese große Frage schwebt über allem, was die Ich-Erzählerin tut. Sie sucht nach Antworten, wird sich aber schnell bewußt, dass sie auf diese Frage niemals eine befriedigende Antwort bekommen wird. Alle Erklärungen versagen. Psychologisierende Antworten, medizinische Anamnesen, Ratgeberliteratur – alles ist zu wenig. "Trotzdem brauchen wir die Sprache, die Literatur, das Erzählen, das Spielen mit Wörtern“, sagt die leidenschaftliche Erzählerin von Geschichten Margriet De Moor. Ihre Heldin versinkt nicht in Trauer und Trostlosigkeit. Sie verliert ihr Leben nicht, sondern lebt weiter – auch wenn sie weiß, dass sie das große WARUM nicht verlassen wird, weil es nach dem Selbstmord ihres Mannes zu ihr gehört.

Eine Novelle wie ein Psalm

Margriet De Moors Novelle über einen lebensbedrohlichen Verlust ist auch wie ein Lied, das uns beruhigt und uns tröstend auf der wahnsinnmachenden Suche nach Sinn eine Weile begleitet. Ihre Poesie und die Musikalität ihrer Sprache ist vielleicht vergleichbar mit den Psalmen aus dem alten Testament. "Es gefällt mir, wenn sie sagen, dass es ein Psalm ist,“ sagt sie, "mir gefallen die Psalmen sehr. Aber trotz aller Dramatik ist die Atmosphäre der Geschichte auch locker und humorvoll“.


Margriet De Moor im Gespräch mit Johannes Schröer / © domradio (DR)
Margriet De Moor im Gespräch mit Johannes Schröer / © domradio ( DR )