Jan Brandt über "Stadt ohne Engel“

Stars, Spiritualität und Start-up Szene in Los Angeles

"Stars, Start-up-Szene und Spiritualität verschmelzen hier auf eine Weise, die wesentlich zum globalen Erfolg kalifornischer Internetunternehmen beiträgt“, schreibt Jan Brandt in seinem Buch "Stadt ohne Engel“ über die Gemeinschaft "Full Circle Church“, die er als Gast in Los Angeles besucht hat.

Jan Brandt / © Eva Napp (DUMONT)
Jan Brandt / © Eva Napp ( DUMONT )

Drei Monate lebte und arbeitete der Autor Jan Brandt als Stipendiat der Künstlervilla Aurora in Los Angeles. In "Stadt ohne Engel / Wahre Geschichten aus Los Angeles“ erzählt er von seinen Begegnungen und Erlebnissen in der Stadt, die geprägt ist von der Traumfabrik Hollywood und den Machbarkeitsutopien der IT- und High-Tech-Industrie im Silicon Valley. Zunächst stellt Brandt fest, dass es in Los Angeles im Gegensatz zu seinem Wohnort Berlin keine sichtbaren Engel gibt. "Wahrscheinlich glauben die Menschen in Los Angeles, dass die wahren Engel gar keine offensichtlichen Flügel haben, sondern dass man die Engel erst entdecken muss“, vermutet Brandt, "das kam meinem Gestus entgegen, mich auf die Suche nach den besonderen Menschen in dieser Millionenstadt zu machen“. So erzählt der Autor von seinen Begegnungen mit den Menschen in der "Stadt ohne Engel“. Ganz zu Beginn trifft Brandt auf einem Flohmarkt Maia. Das 14-jährige Mädchen sitzt hinter einer uralten Schreibmaschine und bietet den Flohmarktbesuchern gegen eine Spende ihre Gedichte an. "Was alle anderen Mädchen in ihrem Alter im Internet ausprobieren würden, das macht sie auf dem Flohmarkt. Das war für mich ein ganz wichtiger Moment, weil ich gemerkt habe, da ist jemand in der Stadt, die traut sich etwas – und ich hatte den Eindruck, die ganze Stadt lebt von diesen Menschen“.

Vom ökonomischen Nutzen der Spiritualität in L.A.

Ein anderer, der sich etwas traut, ist Gunnar. Der vitale, dynamische junge Mann hat ein Internetunternehmen gegründet, um die Welt zu verbessern und Bio-Lebensmittel für alle erschwinglich zu machen. Jan Brandt besucht die von Gunnar gegründete Neo-Hippie-Bewegung "Full Circle Church“. Hier begreift er, welche Bedeutung Spiritualität in Los Angeles hat: "Da ist die starke Konkurrenz, die in Los Angeles eingefordert wird. Durch die hohen Mieten, durch diesen Glamour, der ständig propagiert wird, aber nur für wenige erreichbar ist, entsteht eine große Leere und Entfremdungserfahrung auch bei den Schauspielern, die die ganze Zeit als Kellner arbeiten müssen", sagt Jan Brandt, "ich glaube, dass dadurch die Sehnsucht nach etwas befördert wird - nach etwas Höherem oder nach einer Lösung für dieses Problem, wo man sich dann in solchen Gemeinschaften als einzelner aufgehoben fühlen kann“.

Obdachlos in der Stadt der Träume

Häufig sind die religiös aufgeladenen Bewegungen an ein ökonomisches Firmeninteresse gekoppelt, vermutet Jan Brandt: "Dieses Streben nach einem gesunden Leben, nach Entspannung, nach Yoga, nach Meditation usw. scheint nur eine Zwischenphase des Daseins zu sein, so eine Art Revitalisierung, um dann noch besser arbeiten zu können. Und wenn der Streß dann wieder zu groß wird, muss man wieder in diesen Reingungsprozess gehen – das alles unter dem Hinblick der Effektivität, der Ausbeutung und Erschöpfung“. Und dann besucht Jan Brandt die wahren Aussteiger, die unfreiwillig aus dem amerikanischen Traum heraus katapultiert werden. "Gerade um diese Full Circle Church und um das google Gebäude sieht man sehr viele Pappkartons in den Bäumen hängen und viele Obdachlose auf den Straßen, die ganz raus sind aus der Gesellschaft". Im domradio.de Interview erzählt der Autor Jan Brandt weiter, warum er Berlin für transzendenter hält als Los Angeles und ob er einen Wahlsieg von Donald Trump für möglich hält, wobei er auch sagt: "Eigentlich hätte Bernie Sanders Präsident werden müssen“.


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