Goethe und die Wiederentdeckung der gotischen Kathedrale

Die Vision eines Augenblicks

Die Gotik ist eine barbarische und geschmacklose Baukunst. So war man sich bis vor gut 250 Jahren einig. Die gotische Kathedrale hatte keinen guten Ruf. Bis der junge Johann Wolfgang von Goethe kam und überwältigt vom Straßburger Münster einen leidenschaftlichen Aufsatz über die deutsche Baukunst schrieb. Die Kathedrale wurde danach zu einem Symbol der empfindsamen, romantischen Kunst.

Die Kathedrale / Ausstellung im Wallraf Museum / © Nils Limberg
Die Kathedrale / Ausstellung im Wallraf Museum / © Nils Limberg

Auf den Gemälden von Capar David Friedrich oder Karl Friedrich Schinkel sieht man fortan die gotische Kathedrale als umschwärmtes Motiv, das auch das verwunschene Mittelalter idealisiert. Die Ausstellung „Die Kathedrale“ im Kölner Wallraf-Richartz-Museum macht den Weg von Goethes emphatischer Flugschrift zur wiederentdeckten gotischen Kathedrale deutlich. Im domradio.de Interview erklärt der Direktor des Museums Marcus Dekiert, warum Goethe am Straßburger Münster so ins Schwärmen geriet, und was er damit auslöste: „Goethe selbst hat sich vehement für die Vollendung des Kölner Doms eingesetzt“, sagt er.

In einem weiteren Interview erzählt Marcus Dekiert vom Kölner Dom und der französischen Kathedrale von Reims als Symbole des jeweiligen Nationalstolzes: „Die beiden Kathedralen gerieten in eine Frontstellung“. Als die Kathedrale von Reims 1914 von deutschen Soldaten in Brand geschossen wurde, war das ein Schock für ganz Frankreich. Wie ein Wunder mutet es an, dass die Kathedrale von Reims nach 1945 zu einem Symbolort der Versöhnung zwischen Frankreich und Deutschland wurde.   

Die Ausstellung „Die Kathedrale. Romantik – Impressionismus – Moderne“ ist bis zum 18. Januar im Kölner Wallraf-Richartz-Museum zu sehen.


"Die Kathedrale" im Museum Wallraf / © Nils Limberg
"Die Kathedrale" im Museum Wallraf / © Nils Limberg