Georg Diez über "Martin Luther, mein Vater und ich“

"Ich werde immer ein Christkind bleiben"

"Ich bin ein unevangelisch Gläubiger", sagt Georg Diez im domradio.de Interview. Der Journalist, Buchautor und Pfarrerssohn bezeichnet sich als vom Protestantismus geprägt, sagt aber weiter, dass er sich vom Protestantismus, so wie er heute existiert, nicht mehr gemeint fühlt.

Georg Diez / © C.Bertelsmann
Georg Diez / © C.Bertelsmann

In seinem Buch „Martin Luther, mein Vater, und ich“ begibt Diez sich auf Spurensuche. Er fragt sich, warum sein Vater, ein Pfarrer, ihm in seiner Kindheit nie vom Reichtum und von der Fülle des Christentums – auch in aller Widersprüchlichkeit – erzählt hat. Er vermutet, dass seine Eltern als 68ziger so sehr in den eigenen großen Fragen des Glaubens und in den Zweifeln verstrickt waren, dass ihnen die Kraft und Zeit fehlte, mit den Kindern darüber zu diskutieren. Sein Vater ist gestorben, und da Diez ihn nicht mehr fragen kann, was den Pfarrer und Vater an Glaube und Gott bewegt hat, sucht er Antworten bei Martin Luther.

Mit Kolumnen auf die Kanzel

"Ich habe als Kolumnist auch eine Kanzel", sagt Diez. Seine wöchentlichen Kolumnen im Spiegel sieht er in der Tradition der väterlichen Predigt. Dabei scheut er auch vor Provokation und wütender Polemik nicht zurück. "Mein Furor ist ein taktischer Furor“, sagt er, "so will ich aufzeigen, was schief läuft“. Diez sieht sich da ganz in der Tradition von Martin Luther, dem wütenden Prediger. "Furor und Streit kann den Starrsinn und das Desinteresse in der Welt aufbrechen“, erklärt er, "man muss die Dinge aufbrechen, um die Wahrheit leuchten zu lassen“. Dabei unterscheidet Diez zwischen Wut und Zorn. Wut sei individuell, während Zorn nur von einer Autorität augeübt werden könne.

Hier stehe ich und kann nicht anders

Georg Diez ist aus der evangelischen Kirche ausgetreten. Die destruktive Macht eines institutionalisierten Glaubens in einer Religion sei ihm zu gefährlich, sagt er. Für ihn ist Glaube der Versuch, der Welt einen Sinn zu geben und einen eigenen Platz in der Welt zu finden. Die Institutionalisierung dieser Versuche sind für ihn allerdings gescheitert, weil sie nur mit Angst und Druck vor einem strafenden Gott Unheil angerichtet hätten. Der Autor sagt aber auch, dass er immer ein Christkind bleiben werde – und dass es vielleicht eine luthersche Konsequenz sei, der seinen Furor gegen die Kirche kanalisiert habe, so dass er ausgetreten sei. Am Ende seiner Recherechen über Martin Luther fühlt sich Diez mit seinem Vater versöhnt. „Ich kann ihn nun besser verstehen“, sagt er.


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