Wie die beiden Mönche vor fünfhundert Jahren steht der Schriftsteller Burkhard Spinnen staunend neben seinen Söhnen, die Mitte zwanzig sind, und nur noch auf dem Smartphone, Laptop oder PC, das heißt nicht auf Papier gedruckte Texte lesen. "Ich würde das auch nicht glauben, wenn ich nicht meine Söhne hätte, dann würde ich einfach weiter herum laufen und mit meiner eigenen Praxis des Bücherlesens und Büchersammelns wie mit einer Flagge herum ziehen, die ich vor mich hin wehen lasse und von der ich meine, dass auch alle anderen sich dahinter scharen müßten“, erzählt Burkhard Spinnen auf domradio.de.
Das Ende einer Buchkultur
Burkhard Spinnen beobachtet bei der nachfolgenden Generation der Digital Natives ein Verschwinden oder sich gar nicht Ausprägen der Rituale, die er in seiner Buchkultur wie selbstverständlich übernommen hat. In seinem Buch erzählt Spinnen von der untergehenden Buchkultur, vom Büchersammeln, vom Stöbern in Antiquariaten und auf Flohmärkten, von schmuckvollen Bücherregalen, von Bibliotheken oder von dem freundlichen Buchhändler an der Ecke. "Das ist auch ein schwerer Schlag gegen einen kulturellen Ablauf, der einmal so aussah, dass ich irgendwo hingehe", erzählt Spinnen, "das heißt, ich musste mir Mantel und Schuhe anziehen, aus dem Haus gehen, womöglich Straßenbahn fahren, um dann in der Buchhandlung mit jemandem zu reden – und mich beraten und informieren zu lassen. Das mutet heute fast vorsintflutlich an“.
Auch E-Books können etwas Heimeliges haben
Vorsintflutlich in einer Zeit, in der jeder jedes Buch mit zwei Klicks bestellen und ins Haus liefern oder gleich als E-Book mailen lassen kann. Dabei blickt Burkhard Spinnen etwas melancholisch auf seinen begehbaren Bücherturm, den er sich in sein Arbeitszimmer hat bauen lassen. Seine Söhne lesen keine auf Papier gedruckten Bücher mehr. Aber wie ist es in Zukunft mit den Enkeln? Die werden doch mit einer Riesenfreude mit ihrem Opa auf Entdeckungsreise in den Turm mit den alten Büchern aufbrechen. "Vielleicht erlebe ich es noch, daß ich mit meinen Enkeln da hineinkriechen kann", hofft Spinnen, "das ist ganz schön. Andererseits habe ich ein- bis zweimal bislang ausprobiert, wie es ist, ein E-Book nächtens zu lesen, während man dabei die neben einem liegende Partnerin nicht stört. Das hatte auch etwas Heimeliges“.