Bischof Fürst zur Medienstrategie der Kirche

Verstärkte Internet-Seelsorge

Die katholische Kirche in Deutschland will nach den Worten von Medienbischof Gebhard Fürst ihre Angebote in der Internet-Seelsorge ausweiten. "Wenn wir als Kirche in diesen Medien überhaupt nicht vorkommen, dann gibt es uns nicht für die jungen Menschen", betonte Fürst zum Mediensonntag im domradio.de-Interview. Dieser Bereich werde künftig an Bedeutung gewinnen.

 (DR)

domradio.de: Seit 45 Jahren gibt es den Mediensonntag der Katholischen Kirche. Was ist für sie ein zentrales Anliegen der sozialen Medien? --
Bischof Fürst: Heute sind die sozialen Medien eine wunderbare Sache, um miteinander in Kommunikation zu treten. An den verschiedensten Orten, an denen wir uns befinden, können wir miteinander reden und uns miteinander austauschen. Es ist eine große Chance, das Einsamkeit oder das Bedürfnis sich mitzuteilen, das Bedürfnis auch jemanden zu hören, dass das wahrgenommen werden kann. Wenn das in einer menschenwürdigen Weise geschieht, ist das für unsere Kultur, für die Menschen und das Netz, in dem sie leben, von großer Bedeutung.



domradio.de: Gerade die sozialen Kommunikationsmittel werden ja vorwiegend auch von jungen Menschen genutzt. Welche Chance sehen Sie darin für die Kirche?

Bischof Fürst: Die jungen Menschen nutzen diese neuen Medien sehr intensiv und wenn wir als Kirche in diesen Medien überhaupt nicht vorkommen, dann gibt es uns nicht für die jungen Menschen. Wenn wir dort vorkommen - und das ist gar nicht so einfach, das in einer guten Art und Weise zu tun - aber wenn wir dort vorkommen, kann die Botschaft des Evangeliums bei ihnen ankommen und sie können daran partizipieren, sie werden dort informieren, sie können in ihrer Sinnsuche profitieren und vor allen Dingen: das Evangelium wird mitgeteilt an Menschen, die es möglicherweise hören und die es vielleicht auch wirklich brauchen.



domradio.de: Papst Benedikt XVI. hat diesen Mediensonntag unter den Titel "Stille und Wort: Weg der Evangelisierung" gestellt. Er ruft die Medienmacher dazu auf, nach einem guten Verhältnis von Reden und Schweigen zu suchen. Warum ist das für die Medienschaffenden wichtig?

Bischof Fürst: Der Papst trifft hier einen wunden Punkt. Bei allen Vorteilen der sozialen Kommunikationsmittel, so wie wir sie heute haben, ist natürlich zugleich auch die Gefahr einer Überflutung von Informationen, ein Hüpfen von der einen Informationen zur anderen, von der einen Person, mit der kommuniziert wird, zur anderen. Die Geschwindigkeit der Kommunikation und das Vielerlei - das kann dazu beitragen, dass die Kommunikation oberflächlicher wird, dass nichts in den Menschen eindringt, er nicht wirklich mitnehmen kann und so die Kommunikation auf der Oberfläche bleibt und auch dann irgendwo ins Leere geht. Damit sollten auch die Medienschaffenden rechnen. Nicht die Fülle der Informationen macht den Menschen aufgeklärter, fähiger, sich zurecht zu finden, sondern die Qualität. Es braucht einfach manchmal Zeit der Vertiefung und der Stille, damit Informationen wirklich ihre Kraft entfalten können.



domradio.de: Sie sagen in Ihrer Botschaft zum heutigen Mediensonntag, dass wir vor allem eine "Kommunikation des Zuhörens" brauchen. Welche Bedeutung hat das, wenn jemand zuhören kann?

Bischof Fürst: Man kann das kaum überschätzen, die Wichtigkeit, dass ein Mensch jemanden findet, der ein offenes Ohr für ihn hat und nicht nur im Vorrübergehen sein Ohr auf Geräuschempfang stellt, sondern auf Verstehen. Zum Verstehen gehört große Offenheit, von sich selber absehen, um dann den anderen wirklich zu hören. Ich habe den Eindruck, dass viele Menschen heute ein großes Bedürfnis haben, sich mitzuteilen, gehört zu werden, aber es muss auch Menschen geben, die auf Empfang stellen, hören und zu hören, sonst ist die gegenseitige Mitteilung eigentlich zwecklos. Nichts ist so frustrierend als an eine Wand zu reden, wo ich spüre, da ist kein offenes Ohr und ist also auch kein offenes Herz.



domradio.de: Was würden Sie sich von den Lesern, von den Hörern, den Menschen vor den Fernsehgeräten und den Internetnutzern wünschen, die ja nun die Nutznießer dieser Medien sind?

Bischof Fürst: Ich würde mir die Kraft wünschen auszuwählen. Die Kraft bei einer Sendung, bei einer Kommunikation auch mal zu verweilen und nicht von einem zum anderen hüpfen und von daher auch die Kraft zu finden, zur Unterscheidung für das, was mir gut tut und für das, was mir eher nicht gut tut, damit Menschen sich den Medien nicht nur ausliefern, sondern dass sie damit gestalterisch umzugehen verstehen und in ihren eigenen Interessen lernen.



domradio.de: In Ihrer Botschaft machen Sie als Medienbischof deutlich, und Sie haben es gerade auch betont, dass kirchliche Medien die Medienlandschaft bereichern. Was schätzen sie persönlich an der Vielfalt der kirchlichen Medien?

Bischof Fürst: Sie sprechen zu Recht von der Vielfalt der katholischen Medien, nur sind wir manchmal selber etwas zu schüchtern, um diese Vielfalt auch darzustellen und darüber zu informieren. Jede Kirchengemeinde, jeder katholischer Verein, Institut hat ein eigenes Medienportal, eine eigene Internethomepage. Wir haben 5-6 Millionen Gemeindeblätter, wir haben 600.000 Abonnenten für unsere Sonntagszeitungen, wir haben eigene homepages unserer Diözesen, auch katholisch.de, ein neugemachtes Portal, auch das Radio, das wir in manchen Diözesen haben. Jedes Medium hat einen besonderen Zugang zu den Menschen und das zu nützen, miteinander auch Synergien zu erzeugen, das ist etwas, was ich sehr unterstützen möchte.





Das Interview führte Monika Weiß (domradio.de)





Hintergrund

Am zweiten Wochenende im September wird jährlich der Welttag der sozialen Kommunikationsmittel in der katholischen Kirche begangen. Im Mittelpunkt steht jedes Jahr ein anderes medienethisches oder medienpolitisches Thema. In diesem Jahr veröffentlichte Papst Benedikt XVI. eine Botschaft, die den Titel "Stille und Wort: Weg der Evangelisierung" trägt.