Aussöhnung zwischen Vatikan und Piusbrüdern

Kein Terminkalender für eine Einigung

Weiterhin keine Entscheidung im Ringen um eine Aussöhnung zwischen dem Vatikan und den ultrakonservativen Piusbrüdern: Der Generalobere der traditionalistischen Bruderschaft, Bernard Fellay, zeigt sich nicht beunruhigt über das derzeitige Schweigen aus Rom.

 (DR)

Er habe keine Informationen über zeitliche Vorgaben für eine Einigung, erklärte Fellay am Donnerstag auf der Homepage seiner Organisation. Gott wisse "selbst Verspätungen" zu fügen. Manche meinten, dass sich Papst Benedikt XVI. erst im Juli in Castel Gandolfo mit der Angelegenheit befassen werde.



Beobachter rechnen seit einigen Wochen mit einer Antwort aus Rom auf Fellays Änderungsvorschläge für eine Aussöhnung. Mitte Mai hatte die dafür zuständige vatikanische Glaubenskongregation getagt; eine endgültige Entscheidung liegt beim Papst. Der Vatikan hatte Fellay Mitte März aufgefordert, binnen eines Monats eine "Lehrmäßige Präambel" zu unterzeichnen und darin das kirchliche Lehramt anzuerkennen.



Im Sommer 1988 hatte der Gründer der Bruderschaft, Erzbischof Marcel Lefebvre (1905-1991), durch unerlaubte Bischofsweihen den Bruch mit Rom vollzogen. Papst Benedikt XVI. nahm Anfang 2009 die Exkommunikation der vier von Lefebvre geweihten Bischöfe zurück. Zwischen Fellay und den drei übrigen Bischöfen gibt es derzeit unterschiedliche Auffassungen über das weitere Vorgehen.



Fellay: "Schrecklich bedeutende Probleme"

Der Generalobere betonte nun erneut, es sei Benedikt XVI. selbst, der eine Aussöhnung zum jetzigen Zeitpunkt wolle. Mit Blick auf das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) sagte Fellay, in Rom sei in manchen Kreisen ein Sinneswandel spürbar. Eine andere Sicht auf das Konzil werde dort "nicht mehr als entscheidend für die Zukunft der Kirche" betrachtet: "Tatsächlich kann die Kirche nicht auf das Konzil reduziert werden", so der Obere der Piusbrüder.



Als Grund für einen solchen angeblichen Sinneswandel macht Fellay "schrecklich bedeutende Probleme" in der Kirche aus. Diese seien so groß, dass zweitrangige Fragestellungen derzeit hintangestellt würden. Dies werde aber im Vatikan "niemand so offen sagen" oder gar "die Fehler des Konzils anerkennen", so Fellay. Rom habe sich geändert, "nicht wir".



Der Generalobere bekräftigte, nach einer möglichen Einigung mit Rom werde die Piusbruderschaft nicht aufhören, Missstände anzuprangern und entsprechend zu handeln. Man könne dies unter Verweis auf die Lebendigkeit der Tradition in den eigenen Reihen tun. Die Neuerungen des Konzils hätten dagegen zu "einer Art stillen Glaubensabfalls" geführt.



Fellay zeigte sich zuversichtlich, auch die anderen drei Bischöfe der Bruderschaft von seinem Versöhnungskurs überzeugen zu können. Deren Warnungen, es handele sich beim Angebot des Papstes um eine Falle, teile er ausdrücklich nicht. Zugleich warnte der Generalobere vor radikalen Einflüssen in den eigenen Reihen.