Möglicherweise hatte sich der gelernte Mediziner beim Umgang mit Präparaten oder beim Selbstversuch infiziert. Unvollendet blieb sein Drama "Woyzeck", das aber trotz seiner fragmentarischen Form zu seinem folgenreichsten und bekanntesten Stück wurde. Etwa ein Dutzend Verfilmungen und vor allem Alban Bergs neutönende Oper "Wozzeck" (1921) zeugen von der ungeheuren Nachwirkung des Dramenfragments. Ausgehend von einem realen Fall zeigt Büchner, wie der Soldat und Hilfsarbeiter Woyzeck durch gesellschaftliche Umstände, durch gnadenlose Ausbeutung und die ernährungsphysiologischen Experimente eines Arztes in den Wahnsinn getrieben und schließlich zum Mörder wird.
Erst 1879 veröffentlichte der österreichische Schriftsteller Emil Franzos in einer Gesamtausgabe von Büchners Werken die Textfassung des "Woyzeck" und leitete damit eine Neuentdeckung und Neubewertung des mittlerweile fast vergessenen Dichters ein, der in vielem, was er schrieb, seiner Zeit voraus war, der Naturalismus und Expressionismus vorwegnahm.
Medizinische Laufbahn
Am 17. Oktober 1813 wurde Carl Georg Büchner als Sohn eines Distriktarztes in Goddelau bei Darmstadt geboren. Auch der Erstgeborene von sechs Kindern schlug die medizinische Laufbahn ein, immatrikulierte sich 1831 als Student der Medizin in Straßburg, wo er die Pfarrerstochter Wilhelmine Jaegle kennenlernte, die seine heimliche Verlobte wurde. Zwei Jahre später wechselte er an die Universität von Gießen.
Büchner, der schon früh Interesse an der Literatur, an neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen und an der politischen Entwicklung zeigte, lernte den Butzbacher Lehrer und Theologen Ludwig Weidig kennen, der ein vereinigtes liberales Deutschland anstrebte.
Büchner, der in der sozialen Ungleichheit das Grundübel seiner Zeit sah, verfasste 1834 die revolutionäre Flugschrift "Der Hessische Landbote" mit der Parole "Friede den Hütten! Krieg den Palästen!", die von Weidig überarbeitet und an vielen Stellen entschärft wurde, was nicht verhinderte, dass die Verfasser polizeilich gesucht wurden. Um einer Verhaftung zu entgehen, floh Büchner im März 1835 nach Straßburg, nachdem er noch in Darmstadt sein erstes Theaterstück "Dantons Tod" abgeschlossen hatte.
In "Danton" führt Büchner vor, wie die Ideale der Französischen Revolution zur Rechtfertigung einer blutigen Tyrannei missbraucht werden. Büchner, der zu den Mitbegründern der Darmstädter Sektion der Gesellschaft für Menschenrechte gehörte, sah immer auch die Möglichkeit des Scheiterns revolutionärer Bestrebungen und die Gefahr des Umschlagens in schreckliche Wirklichkeit.
Drohende Verhaftung
Während der Vollendung seines Studiums und des Verfassens seiner Doktorarbeit über das Nervensystem der Barbe enthielt er sich politischer Aktivitäten, auch weil ihm weiterhin die Auslieferung und Verhaftung drohte. Literarisch aber arbeitete er an mehreren Projekten gleichzeitig, wobei "Lenz", die Erzählung über das Abdriften des Dichter Jacob Michael Reinhold Lenz in geistige Umnachtung, wie "Woyzeck" Fragment blieb. Vollenden konnte er nur "Leonce und Lena", eine politische Satire auf deutsche Kleinstaaterei und Adelsherrschaft im Gewand eines Lustspiels. Wie auch seine beiden anderen Stücke wurde es erst Jahrzehnte nach seinem Tod auf die Bühne gebracht.
Seine letzten Lebensmonate verbrachte Büchner nach seiner Promotion als Privatdozent in Zürich, wo er auch begraben wurde. Der renommierteste Literaturpreis im deutschen Sprachraum trägt seinen Namen.
Vor 175 Jahren starb der Schriftsteller Georg Büchner
Sein Werk passt in eine Westentasche
Die Gesamtausgabe des Werks von Georg Büchner passt in jede Westentasche. In seinem kurzen Leben hat er gerade mal drei Theaterstücke geschrieben, die zum festen Repertoire der deutschsprachigen Bühnen gehören. In der Erzählung "Lenz" formuliert er sein literarisches Credo: "Ich verlange in allem Leben, Möglichkeit des Daseins, dann ist's gut; wir haben dann nicht zu fragen, ob es schön, ob es häßlich ist". Vor 175 Jahren, am 19. Februar 1837, ist Georg Büchner im Alter von nur 23 Jahren in Zürich an Typhus gestorben.
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