Schneekirche von Mitterfirmiansreut ist eröffnet

Zeigefinger zum Himmel

Mit fast zweiwöchiger Verspätung ist im Bayerischen Wald die Schneekirche von Mitterfirmiansreut eröffnet worden. Die Bewohner des kleinen Bergdorfes im Landkreis Freyung-Grafenau hatten die Kirche in den vergangenen Wochen nach Plänen eines Passauer Architekten errichtet und dabei rund 1.400 Kubikmeter Schnee verbaut. Schneemangel und warmes Wetter hatten die Arbeiten immer wieder verzögert.

Autor/in:
Uli Scherr
 (DR)

Sorgen des Architekten

Dem Architekten Alfons Doeringer steht die Erleichterung ins Gesicht geschrieben. "Ich habe bis vor ein paar Tagen nicht geglaubt, dass wir das Projekt noch wie geplant realisieren können", sagt er. Mit fast zweiwöchiger Verspätung ist am Mittwochabend im Bayerischen Wald die Schneekriche von Mitterfirmiansreut eröffnet worden. Mehr als 1.000 neugierige Besucher sind zu diesem Anlass in den kleinen Skiort im Landkreis Freyung-Grafenau geströmt.



Die Bewohner des kleinen Bergdorfes hatten die Kirche in den vergangenen Wochen nach Doeringers Plänen errichtet und dabei rund 1.400 Kubikmeter Schnee verbaut. Schneemangel und warmes Wetter verzögerten die Arbeiten immer wieder. "Wir hatten enormste Schwierigkeiten", erinnert sich Doeringer. Umso erstaunlicher sei das Endergebnis. "Was die Einheimischen hier geschaffen haben, verdient das allerhöchste Lob", sagt der Architekt.



In blaues Licht getaucht erhebt sich die Kirche aus Schnee am Eröffnungsabend aus dem dichten Nebel. Das geschwungene Dach des mehr als 20 Meter langen Kirchenschiffs erinnert an die Form einer Muschel. Die Außenwände sind mit transparenten, aus Eis geformten Bausteinen verkleidet. Der Innenraum der Kirche ist ausgestattet mit einem Altar, einem Ambo und einem mächtigen Kreuz - ebenfalls aus durchscheinenden Eisquadern modelliert. 17 Meter ragt der gleichfalls aus Schnee geformte Kirchturm in die Höhe - "wie ein Zeigefinger, der in den Himmel deutet", sagt Dekan Kajetan Steinbeißer bei der Segnung des Gotteshauses bewundernd.



17 Meter hoher Kirchturm aus Schnee

Neben den ungünstigen Witterungsbedingungen hatten die Organisatoren auch mit finanziellen Sorgen zu kämpfen. Die Kosten für Planung und Bau der Kirche liegen nach Angaben des verantwortlichen Fördervereins im sechsstelligen Bereich. Öffentliche Fördergelder für das Projekt flossen jedoch nicht wie erwartet, nun hoffen die Macher, über Eintrittsgelder und Veranstaltungen auf ihre Kosten zu kommen.



Wie das aussehen kann, können die Besucher bereits am Mittwochabend erleben. Am Fuß der Anhöhe, auf dem die Schneekirche steht, reihen sich Glühwein- und Würstelbuden aneinander. Die Regie für den Eröffnungsabend hat eine private Radiostation übernommen. Eine Stunde vor der Segnung der Schneekirche wird der Hang mit Michael Jackson-Songs beschallt und Discoscheinwerfer erleuchten den schneebedeckten Hang.



Vielleicht hat der Passauer Diözesanbischof Wilhelm Schraml so etwas geahnt, als er die Initiatoren im Vorfeld ermahnte, dass bei allen Veranstaltungen der Charakter des Ortes gewahrt bleiben solle. Schraml hatte im Vorfeld eine offizielle Weihe der Schneekirche abgelehnt und untersagte auch Trauungen und Taufen in dem temporären Gotteshaus. Das sorgte in Mitterfirmiansreut für Verärgerung.



"Mut, Risiko und Gottvertrauen"

Am Eröffnungsabend bemüht sich Dekan Steinbeißer als kirchlicher Vertreter um versöhnliche Worte: Die Dorfgemeinschaft habe "Mut, Risiko und Gottvertrauen bewiesen" und auf diese Weise ein wundervolles "Denkmal für den Glauben geschaffen".



Mit ihrem Bauwerk wollen die Mitterfirmiansreuter in erster Linie an die Errichtung einer ersten Schneekirche vor 100 Jahren erinnern. Im Jahr 1911 ging es allerdings um eine Protestaktion: Mit ihrer Schneekirche versuchten die Dorfbewohner damals zu verdeutlichen, wie dringend sie sich den Bau einer Kirche aus Stein wünschten.



Die Idee zur Wiedererrichtung der Schneekirche hatte Bernd Stiefvater, Gastronom in Mitterfirmiansreut. Er bestreitet am Eröffnungsabend nicht, dass es bei dem spektakulären Projekt auch um die Förderung des für den Bayerischen Wald existenziellen Tourismusgeschäfts geht. Vehement aber wehrt er sich gegen den Vorwurf, bei dem Bau der Schneekirche sei es ihm vor allem um den Kommerz gegangen. "Unser Vorbild hierfür waren die Menschen vor 100 Jahren, die aus dem Glauben ihre Schneekirche gebaut haben."