Der katholische Verleger Hermann Herder ist tot

Stolz auf eine große Tradition

Hermann Herder ist tot. Der Katholik leitete den größten Verlag Deutschlands für Theologie und Religion mehr als drei Jahrzehnte lang, bevor er Ende der 1990er Jahre die Leitung des Familienunternehmens an seinen Sohn Manuel Herder übergab.

Autor/in:
Volker Hasenauer
 (DR)

Die Tradition erfüllte Hermann Herder mit Stolz: Der von ihm bis Ende der 1990er Jahre geleitete Verlag Herder ist einer der renommiertesten deutschen Verlage für Theologie und Religion. "Auch um die Zukunft unseres 200 Jahre alten Familienunternehmens ist mir nicht bange, wenn es uns gelingt, Antworten auf die brennenden Zeitfragen zu geben. Die Suche nach Sinn und Orientierung ist größer denn je", betonte der Altverleger noch vor einigen Monaten. Am Wochenende ist Hermann Herder im Alter von 85 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit gestorben.



Kurz vor seinem 85. Geburtstag im vergangenen Januar beschrieb der Altverleger die mit dem Zweiten Vatikanische Konzil (1962-65) beginnende Öffnung der Kirche als die entscheidende Umbruchphase seines privaten wie beruflichen Lebens. "Es war ungeheuer spannend mitzuerleben, wie die Kirche lang geschlossene Fenster für frischen Wind öffnete. Das katholische Ghetto war vorbei", erinnerte sich Herder.



Für den Verlag bedeutete dies unter seiner Führung zugleich neue Risiken, da es bald nicht mehr das geschlossene katholische Lesepublikum gab, das selbstverständlich vor allem katholische Autoren und Bücher kaufte. "Wir standen nun im größeren Wettbewerb." Umgekehrt öffneten sich bis dahin ungeahnte Möglichkeiten für einen katholischen Verleger. Denn vor dem Konzil wäre es undenkbar gewesen, einen evangelischen Autor oder - wie im aktuellen Buchprogramm - gar den Dalai Lama zu verlegen. 2010 war Margot Käßmanns autobiografischer Band "In der Mitte des Lebens" das meistverkaufte Herder-Buch.



Theologie und religiöse Themen

Mit großem Bedauern musste der Verleger Ende der 1960er Jahre erkennen, dass die Zeit des "Großen Herder", einem vor dem Konzil für Katholiken maßgeblichen Allgemeinlexikon, abgelaufen war. Stattdessen gab Hermann Herder den Anstoß für zahlreiche Fachlexika-Projekte, sei es zu Kunst, Musik oder auch zur Biologie. Die bekanntesten Herder-Enzyklopädien wurden das "Staatslexikon" und das "Lexikon für Theologie und Kirche".



Denn Kern des Verlagsgeschäfts bei Herder blieben und bleiben bis heute Theologie und religiöse Themen. Früh schloss der Verlag einen Autorenvertrag mit dem damaligen Nachwuchstheologen Joseph Ratzinger, der bis heute besteht. Die Bücher des heutigen Papstes sind Bestseller. Zugleich setzte Hermann Herder auch auf aufwendig gestaltete Bildbände zu Kunst und Kunstgeschichte. "Das waren bibliophile Meisterwerke." Bis zu seinem Tod standen sie sorgfältig aufgereiht in Herders bis an die Decke reichenden Wohnzimmer-Bücherregalen.



Stabsübergabe an Sohn Manuel

Geprägt von seiner Liebe zu Spanien und Lateinamerika, wo er in jungen Jahren lange lebte und mit dem Koffer voller Bücher als Verlagsvertreter Buchhandlungen abklapperte, forcierte Hermann Herder auch die Internationalisierung des Verlages. Bis heute gehört zum Familienunternehmen Herder ein Verlagshaus in Barcelona - geleitet von Hermann Herders Sohn Raimund - sowie der Anfang der 1990er Jahre gegründete Ableger "Crossroad and Herder"-Verlag in New York, an dessen Spitze Tochter Gwendolin steht. Dagegen zog er sich aus dem Buchverkauf zurück und veräußerte die renommierte Freiburger Herder-Buchhandlung an die Thalia-Gruppe.



Ende der 1990er Jahre zog sich Hermann Herder aus der Verlagsleitung zurück und übergab den Stab an Sohn Manuel Herder. Seinen 85. Geburtstag im vergangenen Januar beging Hermann Herder auf eigenen Wunsch ohne großes Aufsehen: "Denn ich bin in meinem Leben schon genug gefeiert worden." Am Samstagabend ist er im Kreis seiner Familie in seinem Freiburger Haus gestorben.