Vier Nuntien in den deutschen Landen wurden Papst

Über Deutschland auf den Stuhl Petri

Am 19. April 2005 ging Joseph Ratzinger als Papst Benedikt XVI. aus dem Konklave hervor – als erster Pontifex aus Deutschland seit 485 Jahren. Weniger bekannt ist, dass im Lauf der Kirchengeschichte für vier Italiener der Weg auf den Stuhl Petri über die deutschen Lande führte.

Autor/in:
Albert Steuer
 (DR)

Urban VII.

Der erste in Deutschland tätige päpstliche Diplomat, dem das Papstamt zufiel, war Giovanni Battista Castagna. Seine Karriere ist zumindest aus heutiger Sicht ungewöhnlich: Nach dem Studium des weltlichen und kirchlichen Rechts wurde er 1553 von Papst Julius III. zum Erzbischof von Rossano ernannt. Dazu allerdings musste er erst zum Priester geweiht werden. Beide Weihen erhielt er binnen weniger Tage, am 30. März und am 4. April 1553.



Ab 1565 war Castagna im diplomatischen Dienst des Papstes tätig; 1578 wurde er als Delegat nach Köln entsandt. 1583 wurde Castagna Großinquisitor des Heiligen Offiziums. 1590 ging er als Papst Urban VII. aus dem Konklave hervor. Doch noch in der Nacht des Wahltages erkrankte er und starb nach einem nur 12-tägigen Pontifikat im Alter von 69 Jahren.



Alexander VII.

Wenige Jahrzehnte später, 1655, wurde Fabio Chigi, Sohn einer Bankiersfamilie aus Siena, zum Papst gewählt und nannte sich Alexander VII. 1639 hatte ihn Papst Urban VIII. zum Apostolischen Nuntius in Köln ernannt. In Deutschland wirkte Chigi bis 1651 und nahm als außerordentlicher Gesandter an den Verhandlungen zum Westfälischen Frieden in Münster teil. 1652 ernannte ihn der Papst zum Kardinalstaatssekretär. 1667 starb Alexander VII. 68-jährig.



Leo XII.

Knapp 200 Jahre vergingen, bevor wieder ein in Deutschland tätiger Nuntius zum Papst gewählt wurde. Annibale Nicola della Genga wurde als 33-Jähriger 1794 mit der Aufgabe des Nuntius in Köln betraut. Wegen der Besetzung des Rheinlands durch französische Truppen musste der junge Adlige sein Amt jedoch ab 1814 von München aus wahrnehmen. 1823 wurde della Genga zum Papst gewählt und nannte sich Leo XII. Beseelt von einem rigorosen Reformeifer, gelang es ihm letztlich doch nur, mit drakonischer Strenge die moralische Erneuerung der Stadt Rom anzugehen. Er starb 1829.



Pius XII.

Der bisher letzte in dieser Reihe war Eugenio Pacelli, 1876 in Rom geboren und ab 1912 im Vatikan tätig. 1917, im Ersten Weltkrieg, ernannte Papst Benedikt XV. ihn zum Apostolischen Nuntius in Deutschland. Der damals 41-Jährige vertrat zunächst von München aus den Papst im gesamten Deutschen Reich. 1920 ernannte der Papst Pacelli zum Nuntius für die Weimarer Republik. Noch in München, erlebte er am 8./9. November 1923 den Hitler-Ludendorff-Putsch aus nächster Nähe. 1925, inzwischen unter Papst Pius XI., wurde die Nuntiatur von Bayern nach Berlin verlegt. Hier charakterisierte Pacelli in einem Bericht an seinem Amtskollegen in Österreich Adolf Hitler als "berüchtigten politischen Agitator". Dieser Mensch, so habe er geschrieben, wie sich seine Sekretärin Pascalina Lehnert erinnerte, "ist völlig von sich besessen. Alles, was ihm nicht dient, verwirft er".



1929 ernannte der Papst Pacelli zum neuen Kardinalstaatssekretär. Nach dem Tod Pius XI. 1939 wurde Pacelli an seinem 63. Geburtstag und nur wenige Monate vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs zum Nachfolger gewählt und nannte sich Pius XII. Während seine Wahl weltweit hoffnungsvoll begrüßt wurde, entsandte Hitler-Deutschland als einer von wenigen Staaten keine Delegation zu seiner Inthronisierung. "Wir in Deutschland", kommentierte der "Völkische Beobachter", "haben von diesem Papst nichts zu erwarten. Die Kirche unter Pius XII. wird mehr als sonst Politik machen, aber nicht so roh und polternd wie unter Pius XI., feiner, diskreter und steiler."

1958 starb Pius XII. im Alter von 82 Jahren.