Ausstellung dokumentiert 850 Jahre Domkapitel Brandenburg

Glaube und Repräsentation

Als Bischof Wilmar das Domkapitel Brandenburg gründete und an der heutigen St. Gotthardtkirche ansiedelte, war das der Beginn der über 800-jährigen Geschichte des Domkapitels – der ältesten Institution im Land Brandenburg. Die Ausstellung "Macht und Frömmigkeit" präsentiert nun bedeutende Kunstwerke.

Autor/in:
Sigrid Hoff
 (DR)

Zwei in kräftigen Farben leuchtende, mittelalterliche Bleiglasscheiben, auf denen in schwarzen Konturen Porträts zu sehen sind, begrüßen die Besucher im Dommuseum Brandenburg: Sie stammen aus dem Magdeburger Kloster Unser Lieben Frauen des Prämonstratenserordens, der das erste Domkapitel in Brandenburg an der Havel als leitendes Gremium des Bistums stellte. Mit rund 60 Exponaten erinnert eine Ausstellung, die an diesem Sonntag eröffnet wird, an die Gründung des Domkapitels vor 850 Jahren.



Auf rund 500 Quadratmetern im Dommuseum gibt sie Auskunft über Entstehung und Entwicklung des Brandenburger Bistums bis heute. Beginn und Abschluss des Rundgangs bildet der Dom selbst mit seinen Kunstwerken.



1161 beginnt die Geschichte der ältesten Institution im Land Brandenburg. Eine Urkunde Otto I. aus dem Jahr 948 erinnert an frühe Anfänge, die ein Slawenaufstand wenige Jahrzehnte später zunichte machte. Erst rund 150 Jahre später, mit der Rückeroberung der Region durch Albrecht den Bären und der Gründung des Domkapitels Brandenburg durch Bischof Wilmar (1161-1173) gelingt der Neuanfang.



Konkurrenz bestimmt die Anfangsjahre

Die Konkurrenz sowohl zum Bistum Magdeburg wie zum Markgrafen bestimmten die Anfangsjahre. Immer wieder musste sich das Brandenburger Domkapitel auch in der Folgezeit mit den Herrschenden arrangieren. Darauf verweist der Titel der Ausstellung "Macht und Frömmigkeit": "Das Domkapitel und das Bistum Brandenburg waren nie selbst stark genug, um die Interessen allein zu verfechten", erklärt Rüdiger von Schnurbein, Kurator und Leiter des Dommuseums, "bis zur Reformation lehnten sie sich im Wesentlichen an den Markgrafen an."



Magdeburg gewährt Schützenhilfe bei der Etablierung und Ausstattung des Bistums, auch mit Kunstwerken: Neben den leuchtenden Rundglasscheiben aus dem Magdeburger Kloster ist die farbenprächtige Handschrift des Brandenburger Evangelistars zu sehen, einem Messbuch aus dem frühen 13. Jahrhundert, das vermutlich in einem Magdeburger Scriptorium gefertigt wurde.



Zu den frühesten christlichen Zeugnissen Brandenburgs gehört eine schlichte Sandsteinstele mit eingemeißeltem Kreuz. Sie tauchte erst im vergangenen Jahr bei Arbeiten an der Petrikapelle auf, gegenüber vom Dom, wo sie als Türschwelle eingebaut war. In einem Vorgängerbau soll Slawenfürst Pribislaw zum christlichen Glauben übergetreten sein. "Es ist reizvoll zu denken, dass diese Stele zu seinem Grab gehörte", bekennt von Schnurbein, "aber es fehlt der Beweis."



In insgesamt vier Kapiteln blättert die Ausstellung die wechselvolle Geschichte des Domkapitels auf. Die Macht der Kurfürsten, ihr Einfluss auf das Bistum, aber auch ihre Frömmigkeit beweisen Stiftungen wie der Schwanenorden oder auch ein Chormantel mit dem Brandenburger Wappen. Unter dem Roten Adler der Hohenzollern erfolgt die Hinwendung zum lutherischen Glauben.



Versorgungseinrichtung für den märkischen Adel

Das Domkapitel entwickelt sich in der Folgezeit zur Versorgungseinrichtung für den märkischen Adel. Das belegt die reichverzierte Ahnentafel des Friedrich August Alexander Graf von Kalnein von 1772, mit der die Eltern des erst Dreijährigen dessen Anspruch auf ein Domherrenamt geltend machen. Als "Polster der Trägheit" geißelte Freiherr von Hardenberg die Vergabe der Stellen nach Geburt und nicht nach Verdienst. Im Statut von 1826 ließ Friedrich Wilhelm III. die Vergabe als Belohnung für treues Untertanentum festschreiben.



Das 20. Jahrhundert als die Zeit großer Umbrüche für das Domkapitel ist in der Ausstellung lediglich auf zwei Textfahnen zusammengefasst. Die Umwandlung des Domstifts in eine staatliche Stiftung während der Weimarer Republik, die zweifelhafte Neuetablierung unter den Nazis, ohne rechtliche Funktion aber als Ort, um deutschchristliche Würdenträger hierher abzuschieben, sowie der Neuanfang als kirchliche Institution nach 1945 wird in knappen Worten erzählt, ohne dass Exponate diese Periode illustrieren.



Im letzten Raum schließlich ist die 850-jährige Baugeschichte des Doms das Thema. Hier immerhin verweist eine kleine Skizze auf den Versuch der Einflussnahme der Nazis auch auf das Dekor des Gebäudes: Das Hexagon des Westgiebels, das an den Davidstern erinnert, sollte durch ein Hakenkreuz ersetzt werden. Doch dazu kam es glücklicherweise nie.