Lammert wirft Linksfraktion während Afghanistan-Debatte raus

Eklat im Bundestag

Die Zustimmung des Bundestags zum neuen Bundeswehr-Mandat für Afghanistan ist von einem Eklat um die Linksfraktion überschattet worden. Nach dem neuen Mandat sollen bis zu 850 deutsche Soldaten zusätzlich nach Afghanistan entsandt werden.

 (DR)

In einer namentlichen Abstimmung unterstützten 429 von 586 Abgeordneten das neue Mandat, 111 Abgeordnete lehnten es ab, 46 enthielten sich am Freitag der Stimme. Die inhaltliche Auseinandersetzung wurde durch eine Protestaktion der Linken und den darauffolgenden Ausschluss der beteiligten Abgeordneten von der Sitzung in den Hintergrund gedrängt.

Während Redner von Union und FDP sich deutlich hinter das Mandat stellten, betonte der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier, dass das auf ein Jahr beschränkte Mandat kein Freibrief sei. Die SPD werde jedoch zustimmen, weil zugleich die Weichen für einen Abzug der Bundeswehr gestellt würden. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast äußerte sich sehr kritisch zu dem neuen Mandat. Ihre Fraktion werde mehrheitlich nicht zustimmen.

Nachdem bereits Abgeordnete mehrerer Fraktionen in der Debatte das Wort ergriffen hatten, kam es während der Rede der Sicherheitsexpertin der Linksfraktion, Christine Buchholz, zu einem Eklat. Sie erinnerte an die Tanklaster-Affäre im vergangenen September in Kundus, als zwei steckengebliebene Lastwagen auf deutschen Befehl bombardiert wurden. Als sie die Opfer erwähnte, hielten ihre Fraktionskollegen Transparente hoch, auf denen Namen der Opfer zu lesen waren. Solche Protestaktionen sind Bundestagsabgeordneten jedoch nicht gestattet. Lammert forderte die Linksfraktion, die den Bundeswehr-Einsatz ablehnt, zweimal auf, die Sitzung zu verlassen. Nach der zweiten Aufforderung kamen die Abgeordneten dieser nach.

Grüne und SPD nicht einverstanden
Der Grünen-Abgeordnete Christian Ströbele äußerte deutliches Unbehagen über diesen Ausschluss und bat Lammert, diese Entscheidung zu überprüfen. Der Bundestag treffe mit der Mandats-Aufstockung eine Entscheidung "gegen die riesengroße Mehrheit der Bevölkerung". Die Linksfraktion habe nicht randaliert oder sei laut geworden. Ihr Ausschluss wegen der Schilder mit den Namen der Opfer "wäre ein völlig falsches Signal in die Welt, wie wir mit Opfern, für die wir verantwortlich sind, umgehen", sagte Ströbele. Auch Christoph Strässer (SPD) sagte, es sei ihm nahegangen, die Namen der Opfer auf den Plakaten zu lesen. Er habe mit der Linksfraktion diskutieren wollen.

Lammert bezeichnete seine Entscheidung jedoch als alternativlos. Alle Fraktionen hätten sich im Ältestenrat des Bundestags darauf verständigt, dass Demonstrationen mit der Ordnung des Hauses unvereinbar seien. Nach ähnlichen Aktionen von Linken-Abgeordneten habe der Ältestenrat, in dem alle Fraktionen vertreten sind, angekündigt, dass bei weiteren Demonstrationen die entsprechenden Abgeordneten des Saales verwiesen würden.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Thomas Oppermann, bezeichnete die Entscheidung Lammerts als richtig. "Das Parlament ist Ort der Debatte, nicht der Demonstration. Im Parlament zählt das Argument, nicht das Transparent", sagte Oppermann.

Nach dem neuen Mandat sollen bis zu 850 deutsche Soldaten zusätzlich nach Afghanistan entsendet werden, wobei 350 davon als flexible Reserve eingesetzt werden. Die Entwicklungshilfe soll auf 430 Millionen Euro pro Jahr steigen und verdoppelt sich damit fast. Derzeit umfasst das deutsche Kontingent 4.500 Soldaten. Das Mandat ist auf zwölf Monate begrenzt.