Rendsburger Bauamt befasst sich mit Bürgerprotesten

Streit über Muezzin-Ruf per Lautsprecher

Am 9. Oktober 2009 wurde sie nach zehn Jahren Bauzeit eröffnet: die Rensburger Moschee. Künftig soll der Muezzin die Gläubigen via Lautsprecher von den 26 Meter hohen Minaretten der größten Moschee des nördlichsten Bundeslandes zum Gebet rufen. Noch im Januar will das Bauamt der Stadt über den Antrag der Gemeinde entscheiden. Eine Bürgerinitiative macht mobil gegen den Muezzin-Ruf.

Autor/in:
André Klohn
 (DR)

Auf dem Flachbildfernseher laufen türkische Nachrichten. Mitglieder des Islamischen Zentrums Rendsburg unterhalten sich an diesem Freitagmittag an Tischen und trinken Tee. Die Stimme von Selehattin Tüzgen ertönt. «Allahu akbar», Allah ist der Größte. Doch sein Gebetsruf ertönt nur in den Räumen der Moschee - noch. Der in Rendsburg geplante Ruf des Muezzins hat bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Anwohner gründeten eine Bürgerinitiative und sammelten Unterschriften dagegen. Knapp 800 Menschen trugen sich in eine Liste ein, die Rendsburgs Bürgermeister Andreas Breitner (SPD), einem Befürworter des Gebetsrufs, überreicht wurde. Seitdem ringen sie in Rendsburg darum, ob und wie oft Tüzgen öffentlich zum Gebet rufen darf.

"Nicht lauter als die Eisenbahn"
«Der Gebetsruf dauert drei bis fünf Minuten und ist nicht lauter als die Eisenbahn nebenan», sagt Mercan Mergen. Der 38-Jährige ist zweiter Vorsitzender des Islamischen Zentrums der Stadt. Die Zentrumsmoschee liegt direkt neben einem Bahngleis, nur wenige Meter von den Stadtgrenzen von Rendsburg und Büdelsdorf entfernt. Als sich die Gläubigen nach und nach in der Moschee einfinden, bahnt sich ein Zug über die winterlichen Gleise seinen Weg. Zahlreiche Autos müssen wegen der geschlossenen Bahnschranken vor der Moschee halten.

Auch ohne öffentlichen Gebetsruf hat zu diesem Freitagsgebet wieder ein Großteil der rund 110 Gemeindemitglieder den Weg in die Moschee gefunden. Die meisten von ihnen sind türkischstämmig. Neben gut 80 Männern knien im Gebetsraum auch mehrere Kinder und Jugendliche auf dem Teppich.

Schallgutachten geliefert
Ende des Jahres haben die Muslime der Stadt das geforderte Schallgutachten geliefert. Seitdem prüft das Bauamt die Lärmimmissionen. «Dabei geht es um die Frage, ob das Schallgutachten regelkonform ist», sagt Bauamtsleiter Frank Thomsen. Grundlage seiner Prüfung ist die «Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm», kurz TA Lärm. Die erst Mitte Oktober vergangenen Jahres nach zehnjähriger Bauzeit eröffnete Moschee liegt in einem Mischgebiet, wie es im Verwaltungsdeutsch heißt. In der Nachbarschaft befinden sich neben der Bahnlinie Geschäfte, Wohnhäuser, ein Gymnasium und auch ein Seniorenheim.

Laut der Verwaltungsvorschrift darf der Lärm dort tagsüber 60 Dezibel und nachts 45 Dezibel erreichen, wie Thomsen sagt. Kurzzeitige Geräuschspitzen dürfen die Immissionsrichtwerte übersteigen, wie es die vorbeifahrenden Züge regelmäßig tun. Die an den Minaretten zu befestigenden Lautsprecher sollen «rund 65 Dezibel» verursachen, wie Mergen sagt. Zunächst soll der Gebetsruf allerdings nur einmal in der Woche ertönen. «Die Menschen sollen sich erst einmal daran gewöhnen», sagt Mergen.

"Miteinander leben und nicht gegeneinander"
Der Maschinenbauer lebt seit 1980 in Rendsburg. «Das ist meine Heimatstadt«, sagt er. Das Islamische Zentrum sei «offen für Gespräche» und wolle mit den Mitgliedern der Stadtvertretungen von Rendsburg und Büdelsdorf «gemeinsam eine vernünftige Lösung» finden. «Wir wollen hier schließlich miteinander leben und nicht gegeneinander.»

Nach Ansicht der Bürgerinitiative »Kein öffentlicher Gebetsruf« geht es bei einer Lautsprecher-Nutzung aber vor allem darum, »dem Islam öffentlich Gehör zu verschaffen« und »seine Ausbreitung zu demonstrieren«. Ein Gutachten reicht ihrer Meinung nach nicht für eine Genehmigung aus. »Über verbale Inhalte und Inhaltsbedeutungen, die zugleich mit Lärm verbreitet werden, kann ein Lärmschutzgutachten keine Aussagen treffen», heißt es in einem offenen Brief der Initiative. Mitbegründer Hubert Scheiding geht aber nicht davon aus, dass der Antrag des Islamischen Zentrums von der Stadt abgelehnt wird.