Henryk M. Broders Kritik am Zentralrat der Juden weiter umstritten

Broder for President?

Der Berliner Journalist Henryk M. Broder sorgt mit seiner Kritik am Zentralrat der Juden in Deutschland weiter für Schlagzeilen. Der Historiker Michael Wolffsohn begrüßte Broders Initiative. Es sei höchste Zeit, dass ein Intellektueller an der Spitze des Zentralrats stünde. Kritik kommt u.a. von Publizist Rafael Seligmann.

 (DR)


Wolffsohn, Professor für Neuere Geschichte, Universität der Bundeswehr München, sagte, er wünsche sich, dass Broder mit seinem "Denkanstoß" zu einer substanziellen Erneuerung des deutschen Judentums beitragen könne. Wolffsohn wörtlich: "Die bisherige Führung des Zentralrats konnte und kann es nicht."

In der "Frankfurter Rundschau" kritisierten dagegen der Publizist Rafael Seligmann und der Erziehungswissenschaftler Micha Brumlik das Ansinnen Broders, für das Amt des Zentralratspräsidenten zu kandidieren. Broder solle sich lieber als "Chef-Hofnarr der Gesellschaft" bewerben, so Seligmann. Brumlik prophezeite dem aus einer polnisch-jüdischen Familie stammenden Journalisten einen Absturz in die Bedeutungslosigkeit.

Fernsehmoderator Michel Friedman bezeichnete im NDR eine Wahl Broders zum Zentralrats-Präsidenten als katastrophal. Dazu brauche es Fingerspitzengefühl und Sensibilität, während bei Broder emotionale Polemik im Vordergrund stehe. Dies sei "wunderbar für den Beruf des Publizisten", aber völlig ungeeignet für das Amt an der Spitze des Zentralrats. Er hoffe zugleich, dass Broder seine Kandidatur nicht als "PR-Lachnummer" angelegt habe, so Friedman: "Clownerien und Taschenspielertricks sind - was das Amt des Zentralratspräsidenten angeht - wirklich fehl am Platz."
Scherz oder Ernst?
Am Donnerstag hatte Broder im Berliner "Tagesspiegel" angekündigt, er strebe bei den Wahlen im kommenden Jahr die Nachfolge von Charlotte Knobloch auch deswegen an, weil sich die offizielle Vertretung der Juden in Deutschland in "einem erbärmlichen Zustand" befinde. Als Präsident wolle er sich unter anderem dafür einsetzen, die Holocaustleugnung als Straftatbestand aufzuheben. Das "gut gemeinte" Gesetz habe sich als kontraproduktiv erwiesen, "indem es Idioten dazu verhilft, sich als Märtyrer im Kampf um die historische Wahrheit zu inszenieren", so Broder.

Auch wolle er sich um gute Beziehungen zu jenen Muslimen in Deutschland bemühen, "die für eine strikte Trennung von Staat und Religion und für eine säkulare Gesellschaft eintreten". Als Präsident des Zentralrates will Broder nach eigenen Worten "für ein Ende des kleinkarierten Größenwahns sorgen".