Heute abend fallen besonders viele Sternschnuppen

Der Himmel weint Laurentius-Tränen

In jedem August weint der Himmel: Niemals sonst im Jahresverlauf lässt sich eine so große Menge Sternschnuppen beobachten. Im Volksmund werden sie auch als "Tränen des Laurentius" bezeichnet, weil sie um den Namenstag dieses populären Heiligen zu sehen sind. Die meisten Sternschnuppen werden sich heute während der hellen Abenddämmerung beobachten lassen.

Autor/in:
Christoph Arens
 (DR)

Nach Einschätzung der Wissenschaftler ist dieses Jahr mit einer überdurchschnittlich hohen Anzahl von Sternschnuppen zu rechnen. Wenn die Erde auf ihrem Weg um die Sonne die Bahn des Kometen Swift-Tuttle quert, fällt eine große Menge Trümmer des Kometen in die Erdatmosphäre und verglüht. Wegen des «Internationalen Jahres der Astronomie» bieten zahlreiche Sternwarten und Forschungseinrichtungen in den nächsten Tagen Veranstaltungen zu diesem Thema an.
Auch in den kommenden Nächten werden Hunderte der meist millimeterkleinen Gesteinsbrocken mit 60 Kilometern pro Sekunde in die Erdatmosphäre eintreten und in 80 bis 300 Kilometer Höhe durch die Reibungshitze verglühen. Wegen eines perspektivischen Effekts scheinen alle Sternschnuppen von einem Punkt im Sternbild Perseus herzukommen; die Fachbezeichnung lautet daher «Perseiden».

Ihre Zahl ist nicht in jedem Jahr gleich: Denn Swift-Tuttle kommt nach Angaben des Bonner Astronomen Michael Geffert nur rund alle 134 Jahre der Umlaufbahn der Erde nahe - zuletzt 1992 und das nächste Mal 2126. In Sonnennähe verliert ein Komet bei jedem Umlauf einen Teil seiner Materie, erzählt der Wissenschaftler vom Argelander-Institut für Astronomie. Die Überreste verteilen sich entlang seiner Bahn, etwa so, als verlöre ein LKW beim Fahren Sand von der Ladefläche.

Der Ursprung der "Laurentius-Tränen"
Der Begriff «Laurentius-Tränen» leitet sich vom Märtyrer Laurentius her, der am 10. August 258 in Rom auf einem glühenden Rost zu Tode gefoltert worden sein soll. Dabei soll der Heilige einerseits Tränen über die Sünden seiner Mitmenschen vergossen haben. Andererseits berichtet die Legende von einem unter Qualen lachenden Märtyrer: Er soll dem Henker befohlen haben, ihn auf dem Feuer zu wenden, der Braten sei auf der einen Seite schon gar. Seitdem gilt Laurentius als Nothelfer für Brandverletzte und Fieberleidende sowie als Patron der Feuerwehrleute, Köche, Bäcker, Glasbläser und Köhler. Außerdem soll er vor den Qualen des Fegefeuers bewahren.

Realistischer sind Berichte, nach denen Laurentius als einer der sieben Diakone in Rom für die Finanzen und die Armenfürsorge zuständig war. Nachdem Kaiser Valerian von ihm vergeblich die Herausgabe von kirchlichen Gütern verlangt hatte, wurde er gefoltert und hingerichtet. Laurentius wurde zu einem der meistverehrten Heiligen. Über seinem Grab ließ 330 Kaiser Konstantin die Kirche S. Lorenzo fuori le mura errichten. In der Krypta ruhen seine Gebeine zusammen mit denen des Stephanus; die beiden gelten als die Erzmärtyrer.

Nach dem Sieg Kaiser Ottos I. über die Ungarn am Laurentiustag 955 verbreitete sich der Kult in Europa noch stärker. Das Haupt von Laurentius gilt als eine der kostbarsten Reliquien; es lag bis zum Ausgang des Mittelalters in Mönchengladbach, nun ruht es im Vatikan. Eine weitere Kopfreliquie wird in der Kathedrale in Dubrovnik aufbewahrt.

Der Laurentius-Tag erhielt darüber hinaus eine wichtige Bedeutung im Brauchtum. «Laurentiusbrot» wurde gesegnet und an Arme, oft auch an das Vieh, verteilt. «Laurenzilorbeer», die oft meterhohe, gelbblütige Goldrute, gilt als Heilmittel. Im Bauernkalender gilt Laurentius als der erste «Herbstbruder», der den Beginn des Anbaus der Feldfrüchte des Herbstes ankündigt. Dem Laurentiustag wurde auch Bedeutung für die Wettervorhersage zugemessen. «Laurentius im Sonnenschein, / wird der Herbst gesegnet sein», heißt es. Und:
«Kommt Sankt Lorenz mit heißem Hauch / füllt er dem Winzer Fass und Bauch.»