Die beiden Fresken - Bekehrung des Paulus und Kreuzigung des Petrus - an den Seitenwänden wurden in den vergangenen fünf Jahren für 3,25 Millionen Euro restauriert.
Das Gebäude gehört zu den drei päpstlichen Privatkapellen im Vatikan. Für Besucher wird es daher nur in Ausnahmefällen zugänglich sein. Die Kunsthistoriker bewegt allerdings seit den Restaurierungsarbeiten nur eine Frage: Ob Michelangelo sich in einem römischen Soldaten, der die Kreuzigung des Petrus überwacht, kurz vor seinem Tod im Jahr 1564 selbst porträtierte. Die angebliche Entdeckung des Selbstbildnisses löste einen erbitterten Streit aus: Trägt der Soldat mit dem leuchtend blauen Turban tatsächlich die Züge des Renaissance-Meisters oder nicht?
Michelangelo war bereits 70 Jahre alt
Der Chef der Vatikanischen Museen, Antonio Paolucci, hält nichts von der Annahme eines weiteren Selbstbildnisses. Nur in der Figur des Petrus von Arimathäa in der Florentiner Pietà habe Michelangelo sich selbst abgebildet, meint der wortmächtige Renaissance-Experte, der zuvor Chef der staatlichen Museen der Toskana-Metropole war. Die fragliche Männerfigur sei zu jung, begründete er seine Überzeugung. Der Maler sei zum Zeitpunkt der Entstehung der Fresken bereits 70 Jahre alt gewesen.
Paoluccis Nachfolgerin als Direktor der florentinischen Museen, Cristina Acidini, weist dagegen auf die Ähnlichkeit der Darstellung mit dem als gesichert geltenden Michelangelo-Porträt von Daniele da Volterra hin. Michelangelo habe sich bewusst als einer der römischen Soldaten dargestellt, die an der Kreuzigung teilnehmen. Durch die traurigen und angespannten Gesichtszüge habe er gleichzeitig seine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Kreuzigung ausgedrückt.
Maler hätten im 16. Jahrhundert zum Schutz vor Farbstaub und Putzpartikeln gewöhnlich weiße Tücher um den Kopf gebunden und nicht wie auf dem Fresko blaue Turbane getragen, wendet der Michelangelo-Biograph Antonio Forcellino ein. Dennoch hält er es für möglich, dass es sich bei dem Soldaten auf einem Pferd um ein Selbstporträt handelt, denn der Maler sei sehr gern geritten.
"In der Sixtina haben wir eine Vision"
Unabhängig von dem Streit über Michelangelos mutmaßliches Selbstporträt zeigt sich der künstlerische Verantwortliche für die Restaurierung, Arnold Nesselrath, beeindruckt von den Unterschieden zwischen Michelangelos Werken in der Sixtina und der Paolina. "In der Sixtina haben wir eine Vision, die in den Himmel schaut, und hier haben wir zwei Geschichten, die illustriert werden", betont der Kunsthistoriker, der Abteilungsleiter in den Vatikanischen Museen ist. Die Unterschiede reichten bis in die Technik, denn in der Paolina benutzt Michelangelo auch die Secco-Technik, bei der die Farbe im Unterschied zum Fresko auf den trockenen Putz aufgetragen wird.
Der Tod seiner Freundin Vittoria Colonna und des Papstes Paul III. sowie eine schwere Krankheit belasteten die Arbeit der späten Jahre Michelangelos an der Kapelle schwer. Das sei an Veränderungen wie der Körperdrehung des Petrus abzulesen, der den Betrachter mit dem Kopf nach unten ansieht, erläutert der vatikanische Chefrestaurator De Luca. Michelangelos letzte Pinselstriche in der Paolina identifizierte er an den Wundmalen des Apostels.
Papst weiht Vatikankapelle mit mutmaßlichem Selbstbildnis des Renaissance-Malers neu ein
Michelangelos letztes Werk
Nach der Vollendung der Fresken der Sixtinischen Kapelle machte der Renaissance-Maler Michelangelo sich in hohem Alter noch einmal im Vatikan an die Arbeit. Er sollte dabei eines seiner Hauptwerke hinterlassen: Acht Jahre lang malte er die Cappella Paolina aus. Am Samstag weihte Papst Benedikt XVI. die Kapelle mit Michelangelos letzten Fresken neu ein.
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