Juristisches Tauziehen um spendenfinanzierten Verein

Streit um die Bibelföderation

Bei der internationalen Katholischen Bibelföderation ist ein heftiger juristischer Konflikt ausgebrochen. Aktive und ehemalige Verantwortliche des 1969 von Papst Paul VI. ins Leben gerufenen Vereins überziehen einander mit Prozessen vor weltlichen und kirchlichen Gerichten. Gleichzeitig schuf eine Seite Fakten.

Autor/in:
Michael Jacquemain
 (DR)

Gegen den Willen der fünf Mitarbeiter zog die KBF von Stuttgart ins beschauliche bayerische Benediktinerkloster Sankt Ottilien um. Die Stuttgarter Mitarbeiter erhielten Änderungskündigungen. Hauptfiguren der juristischen Auseinandersetzung sind der 45-jährige Geschäftsführer der KBF, Alexander Markus Schweitzer, und als dessen Gegenspieler der Stuttgarter Prälat Bernhard Krautter (70).

Die zu 95 Prozent spendenfinanzierte KBF wurde 1969 von Papst Paul VI. ins Leben gerufen. Ihr gehören rund 320 Institutionen in 129 Ländern an. Hauptaufgabe ist die Vernetzung der Mitglieder, die sich um die Übersetzungen der Heiligen Schrift und Bibelarbeit in den Ländern der sogenannten Dritten Welt kümmern.

Komplizierte rechtliche Konstruktion
Eine der Ursachen des Konflikts ist die komplizierte rechtliche Konstruktion der KBF: Zivilrechtlich ist sie ein in Deutschland eingetragener Verein. Maßgebend ist somit dessen Vorstand. Kirchenrechtlich handelt es sich um einen "internationalen öffentlichen Verein". In dem bestimmen ein Exekutivkomitee mitsamt einem Präsidenten und einem Moderator.

Solange die Arbeit zur Zufriedenheit aller lief, war die rechtliche Doppelkonstruktion kein Problem. Doch das änderte sich mit Plänen, den Sitz nach Sankt Ottilien zu verlegen. Treibende Kraft der Veränderung war Schweitzer, der dem Kloster einige Zeit angehört hatte. Seit Herbst standen dann Vorwürfe im Raum, Schweitzer habe sich ohne Einverständnis des Vorstands eigenmächtig sein Gehalt erhöht und es auch mit Spesenabrechnungen nicht so genau genommen.

Nach gescheiterten Gütegesprächen setzte Krautter Schweitzer schließlich vor die Tür und schaltete die Staatsanwaltschaft ein. Die ermittelte und kam zu der Einschätzung, Schweitzer könne sich insgesamt 5.900 Euro zuviel genehmigt haben. Trotzdem stellte die Behörde mit Zustimmung des Gerichts im März das Verfahren wegen mangelnden öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung und wegen Geringfügigkeit der möglichen Schuld ein. Der Verdacht der Veruntreuung konnte aus Sicht der Staatsanwaltschaft aber nicht ausgeräumt werden, er "besteht nach wie vor". Schweitzer, seit 2002 im Amt, unternahm seinerseits arbeitsrechtliche Schritte gegen die fristlose Kündigung, die sich wegen ungeklärter Fragen über Zuständigkeiten über Monate hinzogen.

Schweitzer, der viele Jahre in Rom lebte und über sehr gute weltkirchliche Kontakte verfügt, spielte in dieser Zeit die internationale Karte. Das KBF-Exekutivkomitee setzte den Stuttgarter Vorstand ab und einen neuen ein. Ob das rechtlich einwandfrei geschah, ist umstritten. Auf der KBF-Homepage steht inzwischen der einflussreiche römische Abtprimas der Benediktiner und ehemalige Erzabt von Sankt Ottilien, Notker Wolf, als neuer Vorsitzender.

Kurienkardinal Walter Kasper wirbt für Neuanfang
Hinter den Kulissen hatte der deutsche Kurienkardinal Walter Kasper, Präsident des Rats für die Einheit der Christen und damit innerhalb des Vatikan für die Föderation zuständig, im KBF-Exekutivkomitee für einen völligen Neuanfang geworben: Ohne Schweitzer und ohne Krautter. Diese Haltung müssen dem Vernehmen nach auch deutsche KBF-Mitglieder eingenommen haben. Doch innerhalb des Exekutivkomitees war Kasper mit seiner Position isoliert, Schweitzer blieb Generalsekretär. Beobachter erkennen bei der Beurteilung der Vorkommnisse eine "kulturelle Differenz" zwischen deutscher und südländischer Mentalität. Kasper entschied, dass der Rat für die Einheit der Christen bis auf Weiteres seine Mitarbeit in der KBF ruhen lassen wolle. Zunächst müsse eine neue Satzung her. Mehrere deutsche KBF-Mitglieder haben inzwischen angekündigt, erst einmal ihre Mitgliedsbeiträge nicht mehr zahlen zu wollen. Die Verärgerung ist groß.

Am Freitag geht es vor dem Amtsgericht Stuttgart um die Frage, ob Schweitzer berechtigt war, in der Osterzeit in der KBF die Türschlösser austauschen zu lassen, die Packer zu bestellen und das Mobiliar aus Stuttgart abholen zu lassen. Angeblich ließ der Spediteur in Stuttgart die eingepackten Gegenstände zunächst zu seiner Spedition bringen, als ihm die Lage wegen Einstweiliger Verfügungen zu unüberschaubar erschien und er um die Begleichung seiner Frachtkosten fürchtete.

In zwei Wochen steht eine von den Stuttgarter Mitarbeitern angestrengte Arbeitsgerichtsverhandlung an. Ebenfalls vielleicht noch im Juni treffen sich alle dann bei der kirchlichen Gerichtsbarkeit wieder, um arbeitsrechtliche Frage zu erörtern. Hinzu kommen eine Reihe Einstweiliger Verfügungen, mit denen Krautter und Schweitzer einander wegen einzelner Äußerungen oder Vorgehensweisen die Grenzen aufzeigen wollen. Wer darf was über wen öffentlich sagen, wer ist Vorsitzender des Vereins? Das Ende der Geschichte ist völlig offen.