In Magdeburg wurde vor 800 Jahren der Grundstein für einen neuen Dom gelegt

Geburtsort der deutschen Gotik

Magdeburg ist zwar stolze Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt, doch nicht nur der ICE macht um die Elbestadt meist einen weiten Bogen. Dabei war sie im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nationen, das vom 10. Jahrhundert bis 1806 währte, die erste Metropole, nach deren Rechtsvorschriften sich halb Europa richtete. Ab 1209 wurde dort dann auch der erste gotische deutsche Dom errichtet. Zum 800. Jahrestag der Grundsteinlegung lädt 2009 ein Festjahr zum ausgiebigen Feiern ein.

Autor/in:
Karsten Wiedener
 (DR)

Der Innenraum weist eine Länge von 120 Metern und eine Breite von 37 Metern auf, die Höhe des Gewölbes beträgt 32 Meter. Mit seinen bis zu 104 Meter hohen Türmen ist der Dom das Wahrzeichen von Magdeburg. Bis er fertiggestellt war, sollten allerdings mehr als drei Jahrhunderte vergehen. Erst 1520, vier Jahre vor Einführung der Reformation in der Stadt, galt der Bau mit dem Aufsetzen einer Kreuzblume auf den Nordturm als vollendet.

Bis auch im Dom, der traditionellen Bischofskirche, der erste evangelische Gottesdienst gefeiert wurde, sollte noch einmal fast ein halbes Jahrhundert vergehen. Ein Herzstück seiner Ausstattung ist bis heute der aus der Zeit Jesu stammende Taufstein aus Porphyr. Und auch von den ursprünglich 48 Altären sind noch 16 erhalten.


Dom als Rettung vor Tilly
Ein Jahrhundert nach der Reformation erlebte Magdeburg, abgesehen von den massiven Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges, seine größte Katastrophe. Truppen des kaiserlich-katholischen Feldherrn Tilly machten die Stadt im Mai 1631 dem Erdboden gleich, bis zu 20.000 Menschen wurden getötet. Im Dom jedoch konnten sich 4.000 Einwohner retten.

Und auch 1989 bot die Kathedrale besonderen Schutz, als auch in Magdeburg Zehntausende Bürger friedlich demonstrierten und zum Ende des DDR-Regimes beitrugen. Für den Landtagspräsidenten von Sachsen-Anhalt, Dieter Steinecke, ist der Dom denn auch «Kristallisationspunkt» der wechselvollen deutschen Geschichte, zu der auch die Montagsdemonstranten 1989 zählen. Gerade dieses «erwachende gesellschaftspolitische Bewusstsein» werde ihm mit Blick auf den Magdeburger Dom immer in Erinnerung bleiben, betont der CDU-Politiker, der zusammen mit Bischof Axel Noack Schirmherr des Festprogramms ist.

Die Organisatoren planen unter anderem ein Festwochenende im April, eine Sonderausstellung «Aufbruch in die Gotik» im Kulturhistorischen Museum, Tagungen, eine Konzertreihe und im September «Dom-Festspiele». Das Programm solle sich an alle Bevölkerungsschichten unabhängig von einer religiösen Bindung wenden, betont Dompfarrerin Jutta Noetzel.


Dom birgt immer noch Geheimnisse
Mit besonderem Interesse werden im Festjahr sicher auch die neuesten Erkenntnisse der Archäologen zur Kenntnis genommen, die ebenfalls im April ihre jüngste Grabungskampagne abschließen wollen. Denn noch immer sind nicht alle Geheimnisse des Doms geklärt - vor allem, was seinen Vorgängerbau betrifft. Als gesichert gilt bislang nur, dass auf seinem Gelände zwei Kirchen aus ottonisch-romanischer Zeit gestanden haben. Allein aber für die Zuordnung des Sakralbaus, dessen Fundamente zwischen 2001 und 2003 auf dem Domplatz ausgegraben wurden, bestünden mindestens fünf Theorien, erläutert Ausgrabungsleiter Rainer Kuhn.

Mehrere sogenannte Grabungsschnitte im Inneren des Doms geben seitdem den Blick auf rund tausend Jahre alte Mauersteine frei. Zum Beispiel sei im Bereich des Taufsteins nach Überresten des Südwestturms nunmehr auch der Nordwestturm des Vorläufers entdeckt worden, sagt der Archäologe. Doch ob es sich um den seiner Ansicht nach zwischen 955 und 962 errichteten Dom Kaiser Ottos des Großen handelt, bleibe zunächst offen.

Der Vorgänger des heutigen Sakralbaus, wo auch der Gründer des Heiligen Römischen Reiches beigesetzt worden war, brannte bei einem Stadtbrand Karfreitag 1207 nieder. Schon zwei Jahre später sollte der Grundstein für den heutigen weitaus größeren Dom erfolgen, dessen Architekturstil Erzbischof Albrecht von Käfernburg aus Frankreich gewissermaßen importierte.