Kann das "TransFair"-Konzept die Hungerkrise lösen?

TransFair bleibt im Aufwind

Der faire Handel verfolge schon seit Jahren die Konzepte zur Bekämpfung des Hungers, wie sie vor zwei Wochen auch der Weltagrarrat gefordert hat, sagt der Vorstandsvorsitzende von TransFair, Heinz Fuchs. Immer mehr Bundesbürger seien bereit, für fair gehandelte Produkte tiefer in die Tasche zu greifen. "Der Umsatz ist im vergangenen Jahr um 33 Prozent gestiegen", berichtet Geschäftsführer Dieter Overath am Montag in Bonn. Und immer mehr Produkte tragen das Bio-Siegel.

 (DR)

75 Prozent der TransFair-Produkte trgen auch das Bio-Siegel tragen, betont Overath. Damit habe der faire Handel auch von dem allgemeinen Bio-Boom profitiert. Ein weitere Grund für das starke Wachstum des fairen Handels sei das zunehmende Engagement der großen Handelsketten in diesem Bereich.

Noch mehr als die Handelsketten profitieren aber die Bauern und die Dorfgemeinschaften in den Anbauländern. Nach den Aussagen des Weltagrarrat liegt in der Förderung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft, die Lösung der Nahrungsmittelknappheit und des Hungers. Das UN-Gremium forderte die Rückkehr zu traditionellen Anbaumethoden und Produktionsweisen und machte die Abhängigkeit der Kleinbauern in den Entwicklungsländern von großen Saatgutkonzernen und die Entwicklung hin zu Monokulturen mit verantwortlich für den Hunger in diesen Staaten.

Fairtrade fördert Kleinbauern
Genau hier setze der faire Handel an, sagt Fuchs. Er fördere die kleinbäuerliche Wirtschaft, indem Experten die Landwirte bei der Entwicklung eigenen Saatguts und bei der Verbesserung ihrer Anbaumethoden unterstützten. Dadurch würden die Bauern zum einen für den Handel gestärkt. Zum anderen werde aber auch die lokale Lebensmittelproduktion gesichert. Auch die Artenvielfalt werde erhalten, indem traditionelle Produkte erhalten blieben.

Durch die Fair-Handels-Prämien könnten die bäuerlichen Kooperativen zudem auch in die Infrastruktur investieren, sagt TransFair-Geschäftsführer Dieter Overath. Das trage dazu bei, die Lebensmittelproduktion anzukurbeln. «Vor allem in Afrika haben die Bauern das Problem, dass sie ihre Waren zu bestimmten Jahreszeiten gar nicht transportieren können, weil es keine befahrbaren Straßen gibt», sagt Overath.

Steigende Preise als Chance
Die weltweit gestiegenen Preise für Lebensmittel betrachtet TransFair als Chance für den fairen Handel. Denn dadurch näherten sich die Preise von fair und herkömmlich gehandelten Produkten an. «Wir hoffen, dass das noch einmal einen positiven Impuls gibt», sagt Overath. Mittlerweile liege der Weltmarktpreis für viele Produkte bereits über dem Mindestpreis, den der faire Handel seinen Vertragspartnern garantiere. Diese erhalten zusätzlich noch eine Fair-Handels-Prämie, die sie zum Beispiel in den Bau von Zufahrtswegen, Schulen oder in die Qualitätssteigerung ihrer Produkte investieren können. Das sei «Ernährungssicherung par Excellence», sagt Overath.

In Deutschland sei der faire Handel trotz der guten Umsatzsteigerung noch ein Nischenmarkt, räumt der TransFair-Geschäftsführer ein. So beträgt der Marktanteil zum Beispiel bei Kaffee 1,1 Prozent und bei Rosen zwei Prozent. «Aber die Nische wird in einem Umfang größer, wie sie vor kurzer Zeit niemand dem fairen Handel zugetraut hat.» Grund dafür sei unter anderem, dass immer mehr Verbraucher wissen wollten, wo und wie ihre Nahrungsmittel produziert würden.

Der Trend gehe zu mehr Fairness im Lebensmittelhandel, sagt Fuchs.
Nicht nur in der Dritten Welt, sondern auch hierzulande gebe es Produzenten wie die Milchbauern, die aufgrund des großen Drucks der Handelsketten kaum noch auf ihre Kosten kämen. Deshalb wachse in der Bevölkerung die Akzeptanz für faire Preise.

Insgesamt kaufen in Deutschland vier Millionen Menschen regelmäßig fair gehandelte Waren, zwölf Millionen sind Gelegenheitskäufer. Ein Grund für das starke Wachstum des fairen Handels ist laut Overath das zunehmende Engagement der großen Handelsketten in diesem Bereich.
Insgesamt würden die fair gehandelten Waren inzwischen bundesweit in rund 30.000 Geschäften verkauft. Das Angebot fair gehandelter Produkte in den Supermärkten werde künftig noch zunehmen, kündigt Overath an. Dazu gebe es schon konkrete Planungen mit verschiedenen Handelsketten.

TransFair will auch durch die Ausweitung der Produktpalette neue Kunden gewinnen. Geplant sei eine Taschenkollektion und eine Damenjeans aus fair gehandelter Baumwolle, kündigte Overath an.
Daneben seien neue Produkte im Süßwarenbereich vorgesehen. Neben Bananen soll es künftig auch frische Ananas und Mangos mit dem TransFair-Siegel geben. «Als Fernperspektive» spiele TransFair auch mit dem Gedanken, fair gehandelte Reisen anzubieten, sagt Fuchs.

Zunächst aber bleibt für die deutsche Fairhandels-Organisation noch viel zu tun, wenn sie Marktanteile erreichen will wie sie in Großbritannien, dem größten Markt für fair gehandelte Produkte, üblich sind. Dort gibt es bei einzelnen Supermarktketten bestimmte Waren nur noch aus fairem Handel. Fair gehandelter Kaffee kommt damit auf der Insel auf einen Marktanteil von acht Prozent.

Overath ist zuversichtlich, dass auch in Deutschland der Marktanteil weiter steigen wird, denn in den vergangenen vier Jahren hatte er regelmäßig zweistellige Wachstumsraten erzielt. Was in jedem Fall zunimmt, ist die Zahl der Produzenten. Derzeit haben sich 400 weitere bäuerliche Kooperativen für das Fair-Handels-Siegel beworben, sagt Rüdiger Meyer, Geschäftsführer der internationalen Zertifizierungsgesellschaft FLO-CERT.