Die neue Führungsriege von UNICEF Deutschland demonstriert nach Spendenskandal Harmonie

Mit Unternehmergeist aus der Krise

Es war die Stunde, Harmonie und Entschlossenheit zu demonstrieren. Leicht nervös, aber doch erleichtert stellte sich der neue Vorstand des deutschen UNICEF-Komitees am Freitag in Berlin vor. Der Hanauer Unternehmer Jürgen Heraeus, der überraschend zum Vorsitzenden gewählt wurde, schlug leise Töne an: Man sei entschlossen, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen.

 (DR)

Zu dem Spendenskandal, der UNICEF seit Herbst 2007 monatelang in die Schlagzeilen brachte, sagte Heraeus: "Es ist salopp gesagt, schlampig gearbeitet worden." Er zeigte sich überzeugt, der neue Vorstand werde UNICEF Deutschland, eine der wichtigsten Stützen des weltweiten UN-Kinderhilfswerks, wieder nach vorn bringen: "Denn es hat keiner in die Kasse gegriffen."

Die außerordentliche Mitgliederversammlung am Donnerstag hatte eine komplett neue Führungsriege aus vier Männern und vier Frauen gewählt. Hinzu kommen die beiden Vertreterinnen der Ehrenamtlichen, die einzigen, die schon dem alten Vorstand angehörten, Carmen Creutz und Andrea Flory-Tilgner. Insgesamt hat der Vorstand zehn Mitglieder, alle im Ehrenamt.

Flankiert von seinen beiden Stellvertreterinnen, der Dressurreiterin Ann Kathrin Linsenhoff (47) und der Fernsehjournalistin Maria von Welser (61), verkündete Heraeus ein ehrgeiziges Arbeitsprogramm. Die wichtigsten Elemente: Ein ausführlicher Geschäftsbericht mit Kostenrechnung, ein Verhaltenskodex für Finanz- und Verwaltungsmanagement, Suche nach einem Geschäftsführer, Satzungsänderungen und ein UNICEF-Leitbild.

Steckt der eigenständige deutsche Zweig des UN-Kinderhilfswerks im Konflikt zwischen Business und Basis? Heraeus räumte ein, dass es Bedenken gebe, die Spendenorganisation rücke zu nahe an die Wirtschaft. Dabei könnten doch auch Unternehmen nach ethischen Maßstäben arbeiten. Bei einem Spendenvolumen von 80 bis 100 Millionen Euro sei Professionalität nötig.

Eindringlich warb Heraeus bei den Ehrenamtlichen um Vertrauen: "Wir dürfen die freiwilligen Helfer nicht verlieren." Deren Sprecherin Creutz bekräftigte ihre Forderung, stärker an den Entscheidungen der Kölner Geschäftsstelle beteiligt zu werden.

Einer der Auslöser der UNICEF-Krise waren die als überzogen kritisierten Honorare an externe Berater. Die frühere Vorsitzende Heide Simonis, die ehemalige SPD-Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein, trat im Februar im Streit mit Geschäftsführer Dietrich Garlichs zurück, der bald darauf selbst gehen musste. Und UNICEF verlor das Spendensiegel.

Die Frage, ob UNICEF neben unbezahlten Ehrenamtlichen weiter teure Werbeprofis zum Spendensammeln einsetzen soll, bleibt offen. Vielleicht ist dieser Widerspruch nicht zu lösen, sinniert Heraeus. Er findet: "Wir brauchen beides." Aber man müsse die Provisionen deckeln, damit sie nicht bei einer Spendenflut wie nach einem Tsunami extrem in die Höhe schnellten.

Alle Vorstandsmitglieder eint der Wunsch, nach vorne zu schauen. "Wir kannten uns vorher alle nicht", sagte Maria von Welser, Direktorin des Hamburger Landesfunkhauses des NDR. Sie sei selbst überraschend zur Wahl vorgeschlagen worden und habe spontan Ja gesagt. Und der Hamburger Reeder Peter Krämer verkündet nach der ersten Vorstandssitzung: "Die Stimmung stimmt."

Rückblick: Krise
Im Herbst war der eigenständige deutsche Zweig des UN-Kinderhilfswerks in die Schlagzeilen geraten, weil der Geschäftsstelle in Köln die Verschwendung von Spenden durch überhöhte Honorare an externe Spendenwerber und ein laxes Finanzgebaren vorgeworfen wurden. Die Vorsitzende Heide Simonis trat im Februar im Streit mit Geschäftsführer Garlichs zurück, der wenig später ebenfalls sein Amt aufgab.

UNICEF räumte Fehler ein und verlor das Spendensiegel, das Gütezeichen für einen sorgsamen Umgang mit Spenden. Die 47-jährige Pferdezüchterin Linsenhoff zeigte sich überzeugt, dass die Reformen für mehr Transparenz und Kontrolle bei UNICEF Erfolg haben werden. Dann werde UNICEF besser denn je zum Wohl der Kinder in aller Welt arbeiten: "In jeder Krise steckt eine Chance", sagte Linsenhoff.

Wegen der Spendenkrise wandten sich rund 37.000 der 200.000 Fördermitglieder von UNICEF ab. Das Spendenaufkommen, das 2006 bei 97 Millionen Euro lag, brach um 20 Prozent ein.

Von Elvira Treffinger (epd)