Weltkirchenrat wird 60 Jahre alt - Bischof Hein bemängelt Effizienz und Führung in Genfer ÖRK-Zentrale

Scharfe Kritik am Jubiläum

Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) steht in seinem 60. Jubiläumsjahr in der Kritik. Dem Weltkirchenrat fehle ein gemeinsames Ziel, sagte der Kasseler Bischof Martin Hein im domradio-Interview. "Der ÖRK nimmt eigentlich zu allem Stellung. Eine kleine UNO muss der Weltkirchenrat aber nicht sein." Hein ist das ranghöchste deutsche Mitglied im ÖRK-Zentralausschuss, der seit Mittwoch in Genf tagt und an das 60-jährige Bestehen erinnert.

 (DR)

Hein hob die wichtige Rolle des Weltkirchenrates zur Zeit des Ost-West-Konflikts und im Kampf gegen die Apartheid in Südafrika hervor. "Die aktuelle Schwierigkeit besteht darin, dass diese beiden Herausforderungen politischer Art nun weg sind", sagte der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck. Diese Situation führe dazu, dass der Weltkirchenrat öffentlich kaum noch wahrgenommen werde. Im ÖRK sind mehr als 340 Kirchen mit rund 560 Millionen Mitgliedern zusammengeschlossen.

Auch an der Führung und dem Arbeitsstil der Genfer ÖRK-Zentrale äußerte Hein Kritik. In vielen Bereichen sei kritisches Nachfragen nötig. Vieles laufe intern ab und werde wenig nach außen kommuniziert. Um die Tätigkeit effizienter zu gestalten, sollte die Zahl der Programme verringert werden, nach dem Prinzip "Mache weniger, aber mache es richtig." Dem ÖRK-Generalsekretär Samuel Kobia warf Hein vor, zu wenig in Genf präsent zu sein: "Ich wundere mich manchmal, wie häufig der Generalsekretär unterwegs ist."

Die Evangelische Kirche in Deutschland will ihre Beiträge zum ÖRK weiter zurückfahren. "Auf Dauer kann es nicht angehen, dass rund ein Drittel der Kosten des Ökumenischen Rates ausschließlich aus Deutschland bestritten wird", sagte Hein. Andere Kirchen des Nordens etwa in Amerika oder orthodoxe Kirchen seien in der Lage, mehr zu geben. Zurückziehen wolle sich Deutschland aber nicht: "Es gibt eine ökumenische Verpflichtung auf deutscher Seite."

Mit Blick auf die Pfingstkirchen und charismatischen Kirchen, die vor allem in Ländern des Südens stark wachsen, sprach sich Hein für eine Integration in den Weltkirchenrat aus. "Die Frage ist aber, ob sie sich selbst überhaupt auf die Bewegung des Weltkirchenrats einlassen, die auch immer eine politische Bewegung gewesen ist", sagte der Bischof von Kurhessen-Waldeck. Der protestantische Theologieprofessor erwartet nicht, dass es zu einem Beitritt der römisch-katholischen Kirche zum Ökumenischen Rat der Kirchen kommen könne, "obwohl ich mir das wünschen würde".