Paderborner Weihbischof Wiesemann wird Bischof von Speyer - domradio-Interview

"Die Menschen ins Herz schließen"

Karl-Heinz Wiesemann (47), Weihbischof im Erzbistum Paderborn, wird neuer katholischer Bischof von Speyer. Das wurde am Mittwoch zeitgleich in Rom, Paderborn und Speyer bekanntgegeben. Der gebürtige Westfale folgt auf Anton Schlembach, der fast 24 Jahre an der Spitze des Bistums stand und im Februar wegen der Altersgrenze von 75 Jahren seinen Rücktritt eingereicht hatte. Wiesemann wird jüngster deutscher Diözesanbischof. Hören Sie das domradio-Interview mit seiner ersten Reaktion.

 (DR)

"Ich war wirklich sehr überrascht. Aber jetzt freue ich mich darauf", sagte Wiesemann im domradio. In Speyer freue er sich auf eine "alte und schöne Lebenskultur" und Menschen mit einem "guten, bodenständigen Charakter".  "Vielleicht ist da sogar manche Ähnlichkeit mit dem Westfalen gegeben."

Diese neue Aufgabe sei eine Herausforderung, sagt Bischof Wiesemann, denn in Speyer sei das Christentum schon sehr lange inkulturiert. "Ich finde, davor sollte man Respekt haben." Für die erste Zeit hoffe er auf einen "Vorschuss an Sympathie", sagt er lächelnd. "Ich möchte das Signal geben, dass ich mich auf die Begegnung mit den Menschen freue."

Vor Journalisten in Paderborn sagte Wiesemann: "Ich werde versuchen, die Menschen ins Herz zu schließen und ihnen zuzuhören." Wenn man neu in ein Bistum komme, schulde man den Menschen und ihrer Geschichte Respekt. Der Weihbischof erwartet, noch vor Ostern ins Amt eingeführt zu werden. Ein Datum steht noch nicht fest.

Mit Blick auf Diaspora-Regionen im Bistum Speyer hob Wiesemann die Bedeutung der Ökumene hervor. "Die Vision der Einheit der Christen ist mir zutiefst im Herzen." Die Kindheit und Jugend im westfälischen Herford habe ihn geprägt, wo Katholiken in der Minderzahl sind. Wiesemann bedauerte, das Erzbistum Paderborn zu verlassen, wo einige Dinge wie die Jugendvespern im Dom gerade im Aufbau seien.

Erzbischof Joachim Kardinal Meisner hat dem neu ernannten Bischof von Speyer zu dessen Ernennung gratuliert und ihn seines Gebetes versichert. In dem Glückwunschschreiben übermittelt er seine Freude, "dass Speyer einen guten Hirten bekommen hat, der dem Volke Gottes sicheres Weggeleit geben wird".

Der künftige Speyerer Bischof, der gerne Klavier und Orgel spielt, will auch im neuen Amt die Musik pflegen. Sie stelle einen wichtigen Ausgleich dar. "Wir sind in diesen Ämtern auch für unseren seelischen Haushalt verantwortlich", unterstrich Wiesemann. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck
(SPD) gratulierte ihm unterdessen zur Ernennung. "Ich bin sicher, dass Sie sich in der Pfalz, in Speyer, wohlfühlen und Sie schnell Kontakt zu den Gläubigen Ihres neuen Bistums finden werden."

Wiesemann wird im Bischofsamt Anton Schlembach ablösen, der fast 24 Jahre an der Spitze des Bistums Speyer gestanden hatte und im Februar 2007 wegen Erreichens der Altersgrenze von 75 Jahren seinen Rücktritt eingereicht hatte.

Der im ostwestfälischen Herford geborene Wiesemann studierte Theologie und Philosophie in Paderborn und Rom und wurde 1985 in der Ewigen Stadt zum Priester geweiht. Von 1986 bis 1990 war er als Vikar in Geseke tätig. Anschließend ging er erneut nach Rom und schloss sein Studium 1995 mit der Dissertation ab. Er wurde Pfarrer im westfälischen Menden und 1999 Propst in Brilon. Von Papst Johannes Paul II. wurde Wiesemann am 4. Juli 2002 zum Weihbischof in Paderborn ernannt. Dort war er insbesondere für die Priesterfortbildung, die Berufungspastoral sowie für Gesellschaft, Wissenschaft und Kultur zuständig. Wiesemann ist Mitglied der Ökumene- sowie der Liturgiekommission der Deutschen Bischofskonferenz.

Das Bistum Speyer gehört zu den ältesten in Deutschland. In seinen heutigen Grenzen besteht es allerdings erst seit 190 Jahren. Das Bistum zählt etwa 605.000 Katholiken in 345 Pfarreien und erstreckt sich auf eine Fläche von 5.893 Quadratkilometern. Es umfasst die Pfalz im Bundesland Rheinland-Pfalz und den Saarpfalz-Kreis im Saarland. Aus historischen Gründen gehört der Bischof von Speyer der Freisinger Bischofskonferenz an.

Das Bistum ist sicher ab dem Jahr 614 bezeugt. Seine Anfänge dürften aber bis ins 4. Jahrhundert zurückreichen. Im Zuge der Französischen Revolution und der napoleonischen Wirren wurde die Diözese völlig neu geordnet und 1817 im linksrheinischen Gebiet des damaligen Königreichs Bayern neu errichtet. Zeugnis von früherer Größe und Bedeutung des Bistums Speyer gibt der bald 1.000 Jahre alte Speyerer Kaiser- und Mariendom, der Grablege mehrerer mittelalterlicher Kaiser ist. Der künftige Bischof Karl-Heinz Wiesemann ist nach offizieller Zählung der 96. in der Geschichte des Bistums.

Wegen seiner Nähe zu Frankreich unterhält die Diözese Speyer enge Beziehungen zu den benachbarten Diözesem Straßburg und Metz sowie zu Chartres und Ravenna, den Partnerstädten von Speyer. Gute Kontakte gibt es auch zu mehreren polnischen Diözesen, etwa zu Gnesen, sowie zu der weißrussischen Diözese Grodno und zu den Moskauer Katholiken. Seit 1967 besteht eine Partnerschaft mit der kroatischen Diözese Djakovo.

Prägende Persönlichkeiten für die Diözese sind die Jüdin, Philosophin und Ordensfrau Edith Stein, die von 1923 bis 1931 Lehrerin in Speyer lebte und 1987 heilig gesprochen wurde, sowie der Speyerer Diözesanpriester, Sozialreformer und Ordensgründer Paul Josef Nardini (1821 bis 1862), der 2006 selig gesprochen wurde.