Ausnahmezustand in Pakistan

Weltweite Besorgnis

Seit Samstag herrscht in Pakistan der Ausnahmezustand. Die Verfassung und ein Teil der demokratischen Freiheitsrechte sind außer Kraft. Die für Januar geplanten Parlamentswahlen wurden ausgesetzt. "Das Land steht am Rande der Destabilisierung", hat Pakistans Präsident, Pervez Musharaf, sein drastisches Vorgehen begründet. Verhaften lässt Musharaf jedoch keine Terroristen, sondern Richter und Anwälte.

 (DR)

Der oberste Richter des Landes, Iftikhar Chaudhry, wurde von Musharaf abgesetzt. Das Gericht hätte in dieser Wochen entschieden, ob die Wiederwahl Musharafs zum Präsidenten verfassungsgemäß war. Der Musharaf hatte sich von einem Parlament im Amt bestätigen lassen, dessen verfassungsmäßiges Recht dazu umstritten ist. Anwälte, Oppositionelle und Menschenrechtsgruppen haben für Montag zu landesweiten Protesten aufgerufen. Mehrere hundert Anwälte wurden bei diesen Protesten verhaftet.

Seit Sonntag sollen pakistanische Sicherheitskräfte nach unbestätigten Angaben fast 1600 Oppositionspolitiker und Bürgerrechtler festgenommen haben. Viele stehen unter Hausarrest. Die Ausstrahlung privater und ausländischer Nachrichtensender in den öffentlichen Kabelnetzen wurde von den Behörden bis auf weiteres unterbunden. Dass trotzdem kritische Nachrichten veröffentlicht werden können, sei ein Zeichen der Schwäche Musharafs, schätzt Dr. Wolfgang-Peter Zingel vom Heidelberger Südasien-Institut im domradio-Interview.

Musharaf unter Druck
Innenpolitisch steht Pervez Musharaf schon lange unter Druck. Im Juli diesen Jahres hatten das Militär die "Rote Moschee" nach einer tagelangen Besetzung durch islamische Fundamentalisten gestürmt. Dabei wurden mindestens 80 Menschen getötet. Seitdem verüben Islamisten im ganzen Land Racheakte.

Gleichzeitig kehren vor der geplanten Parlamentswahl pakistanische Oppositionspolitiker aus dem Exil zurück. Bei einem Anschlag auf Ex-Ministerpräsidentin Benazir Bhutto starben 130 Menschen. Ex-Premierminister und Oppositionspolitiker Nawaz Scharif ist nach Dschidda abgeschoben worden.

Besorgnis im Ausland
Weltweit sorgt die Situation in Pakistan für große Besorgnis. Allen voran in den USA, die den Militärmachthaber seit dem 11. September zum Partner aufgebaut haben und mit mehreren Milliarden US-Dollar unterstützen. Die USA und Großbritannien planen jetzt, die Finanzhilfe für Pakistan einzufrieren. Auch die Bundesregierung will ihr Engagement überdenken. Der Einfluss des Auslands werde aber eher überschätzt, meint Dr. Wolfgang-Peter Zingel vom Heidelberger Südasien-Institut im domradio-Interview.

Mehr noch als einen Diktator Musharaf, fürchtet der Westen vermutlich, dass militante Islamisten die Macht im Atomstaat Pakistan erringen könnten. Ganze Einheiten des Militärs seien von den Islamistan quasi als Geiseln genommen worden, berichtet Dr. Zingel. Noch aber habe wohl das Militär die Gewalt über die Atomwaffen.

Demokratie stärken
Die Bundesregierung hat die Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung in Pakistan gefordert. Zugleich müsse die Regierung in Islamabad die Abhaltung freier und fairer Wahlen sicherstellen, die bisher für Januar 2008 geplant waren, sagte Außenamtssprecher Martin Jäger am Montag in Berlin. Die Entwicklungszusammenarbeit mit Pakistan wird im Licht der jüngsten Ereignisse überdacht.

Die deutsche Hilfe für das muslimische Land hatte 2006 ein Volumen von 22 Millionen Euro. Einzelne Projekte der Zusammenarbeit würden in Abstimmung mit anderen internationalen Partnern überprüft, sagte Markus Weidling, Sprecher des Entwicklungsministeriums. Die Förderung von Bürger- und Selbsthilfeorganisationen, Grundbildung, Gesundheit und die Aufbauhilfe nach dem Erdbeben vor zwei Jahren in Kaschmir sollten aber weitergehen.