Bereits 1926 vor "jüdischem Verstand" gewarnt
Fundierte wissenschaftliche Forschungen, hauptsächlich von der Landeskirche selbst angestoßen, haben jedoch ein höchst ambivalentes Bild des Bischofs gezeichnet. Meiser war nicht nur ein äußerst fähiger Kirchenmann, der seine Kirche nahezu unbeschadet durch die NS-Zeit führen konnte, sondern meldete sich auch mehrfach mit massiven antisemitischen Äußerungen zu Wort.
Bereits 1926 schreibt Meiser als Direktor des evangelischen Predigerseminars in Nürnberg in einer Artikel-Serie von der Gefahr, die durch ein "entartetes Judentum" drohe, von dem "jüdischen Verstand", der "etwas Zerfressendes, Ätzendes, Auflösendes" habe und von der "Forderung nach Reinhaltung des Blutes". Noch kurz vor dem Ende des NS-Regimes wiederholt Meiser derartige Äußerungen.
Meiser betont in seinen Texten aber auch, dass sich vor dem Hintergrund der beginnenden Judenverfolgung "alle ernsten Christen förmlich genötigt sind, sich schützend vor die Juden zu stellen".
Anregungen aus seiner Kirche, wie etwa von dem damaligen Synodalpräsidenten von Pechmann, aktiv für die jüdischen Mitbürger einzutreten, nimmt er nicht auf.
Konservativer Lutheraner
In seiner Theologie war Meiser ein konservativer Lutheraner, für den die christliche Mission unter Juden und die Überlegenheit des christlichen Glaubens selbstverständlich waren. Mit dieser Haltung stand Meiser damals in einer nationalprotestantisch geprägten Kirche nicht allein. Erst Ende der 1990er Jahre hat sich die bayerische Landeskirche offiziell von "Judenmission" losgesagt.
1933 wurde Meiser, der der Weimarer Republik und einem demokratischen Staatswesen mit deutlicher Distanz gegenüberstand, zum ersten bayerischen Landesbischof gewählt. Sein kirchenpolitischer Kurs, mit dem er orientiert an Bekenntnis und Bibel die Kirche von den NS-nahen "Deutschen Christen" frei halten wollte, führte ihn schnell in ernste Konflikt mit den Nazis.
Am 11. Oktober 1934 drang der aus Berlin entsandte "Rechtswalter Hitlers für kirchliche Angelegenheiten, August Jäger, in den Dienstsitz Meisers ein und stellte den Bischof unter Hausarrest.
Daraufhin kam es vor der Dienstwohnung Meisers, dem heutigen Landeskirchenamt an der Münchner Meiserstraße, zu einer offenen Demonstration gegen das NS-Regime. Allein aus Nürnberg waren in einem Sonderzug 800 fränkische Protestanten angereist.
Beim Rücktritt mit Lobreden und Orden überhäuft
Nach Krieg und Naziherrschaft trieb Meiser als tatkräftiger Organisator die Konsolidierung der evangelischen Kirche voran. Auf ihn geht die Gründung der Evangelischen Akademie Tutzing, der evangelischen Hochschule in Neuendettelsau und des Kirchenbundes Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD) zurück.
Bei seinem Rücktritt 1955 wurde Meiser mit Lobreden und Orden überhäuft. Straßen in München, Nürnberg und Ansbach wurden nach ihm benannt. Während die Meiserstraße in Ansbach bestehen bleibt, hat die Stadt Nürnberg wegen der antisemitischen Haltung des Bischofs die Straße umbenannt. In München wird der Stadtrat am 18. Juli über das Schicksal der Meiserstraße entscheiden.
Debatte um ersten evangelischen Bischof Bayerns Meiser
Bekenntnis bewahrt und Juden diffamiert
Ein heftig umstrittener Straßen-Name hat der bayerischen evangelischen Landeskirche eine Debatte um die Rolle ihres ersten Landesbischofs Hans Meiser (1881 - 1956) beschert. Unmittelbar nach dem Tode des weit über Bayern hinaus hoch geschätzten Bischofs wurden in mehreren bayerischen Städten Straßen nach Meiser benannt. Inzwischen aber ist bekannt: Meiser meldete sich mehrfach mit massiven antisemitischen Äußerungen zu Wort.
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